Zoologie

In der Hitze haben Wespen es nicht leicht

Die Königin der Bergfeldwespe baut die ersten Waben des einjährigen Nests.
Die Königin der Bergfeldwespe baut die ersten Waben des einjährigen Nests. (c) Kovac
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Grazer Forscher untersuchen drei Wespenarten aus Österreich und Italien: Diese Feldwespen sind kaum aggressiv zu Menschen, aber wenig erforscht. Der Klimawandel bringt die sozialen Insekten in Bedrängnis – durch steigende Temperaturen und Wasserverlust im Winter.

Wespen haben ein eher negatives Image in der Bevölkerung. Zudem sind sie in der Wissenschaft schlechter erforscht als Bienen. Am Institut für Zoologie der Uni Graz nutzt man die Wissenslücke und rückt Wespenarten mit Messgeräten auf den Leib und ans Nest. In einem dreijährigen Projekt, finanziert vom Wissenschaftsfonds FWF, ging es um die eher unbekannte Gruppe der Feldwespen.

Obwohl es von ihnen mehr Arten in Österreich gibt als von der berühmten Echten Wespe oder Gemeinen Wespe, die gern von unseren Tellern nascht und zur Gattung Vespula gehört, erkennen nur Fachleute Feldwespen der Gattung Polistes auf einen Blick. „Im Flug sieht man die langen Hinterbeine sehr gut“, sagt Helmut Kovac, der seit über zehn Jahren an den sozialen Insekten forscht. Auch die Behausungen unterscheiden sich von den geschlossenen Nestern der Gemeinen Wespe: Polistes-Nester bestehen nur aus einer Wabenscheibe, die nach unten meist geöffnet ist (siehe Bild).

Grundsätzlich sind diese Feldwespen kaum aggressiv und stechen selten. „Aber ich habe viele Messungen an Nestern gemacht, und dort verteidigen sie sich schon. Man bekommt aber viel weniger Stiche ab, als wenn man mit der Gemeinen Wespe hantiert“, berichtet Kovac.

Die Frage in dem Projekt war, wie veränderte Umgebungstemperaturen den Stoffwechsel und das Überleben von Feldwespen beeinflussen. Im Gegensatz zu Bienen und Gemeinen Wespen können Polistes nämlich nicht in ihrem Körper für Wärme sorgen, sondern sind ganz auf die Außentemperatur angewiesen. „Für Feldwespen muss es mindestens 20 Grad haben, damit sie fliegen und sammeln können“, sagt Kovac, der mit Helmut Käfer und Anton Stabentheiner die Thermoregulation der kleinen Insekten in Österreich und Italien untersucht hat.

Außentemperatur bestimmt das Leben

In der großen Debatte um Insektensterben und Verlust der Artenvielfalt kommen diese Tiere bisher kaum vor, obwohl sie nicht nur Bestandteil eines intakten Ökosystems sind, sondern als Nektarsammler auch zur Bestäubung der Blüten beitragen. Nun war die Frage, ob und wie diese Tiere, deren Körpertemperatur so stark von der Umgebung abhängt, vom Klimawandel betroffen sind. „Höhere Außentemperaturen haben verschiedene Konsequenzen: Die Tiere können häufiger ausfliegen, müssen aber auch mehr Futter sammeln, um den höheren Energieverbrauch abzudecken“, erklärt Kovac. Einfache Prognosen über die Auswirkungen der Klimaerwärmung sind aber nicht möglich, da viele Faktoren gegeneinander abgewogen werden müssen. „Generell heißt es, dass Insekten von höheren Umgebungstemperaturen profitieren, aber das können wir nicht bestätigen“, betont der Zoologe. Er verglich drei der 15 europäischen Polistes-Arten: Die Gemeine Feldwespe (Polistes dominula), ihre mediterrane Schwesternart (P. gallicus) und eine nahe verwandte Bergwespe, die erst in Höhen von über 1000 Metern vorkommt (P. biglumis). Die Wespen wurden sowohl direkt am Nest mit Kameras und Infrarot-Messgeräten untersucht, als auch in kleinen Röhrchen einem Fitness-Check unterzogen, bei dem Atmung und Stoffwechsel anhand des CO2-Verbrauchs bestimmt wurden.

Über eine ganze Brutsaison dokumentierte das Team auch das Klima der Region und das Mikroklima am Nest. Überraschenderweise hatte die mediterrane Art einen niedrigeren Grundstoffwechsel als die bei uns heimische Feldwespe, die an kühlere Temperaturen angepasst ist. Für alle Arten zeigte sich ein exponentieller Zusammenhang zwischen der Umgebungstemperatur und dem Energieverbrauch der Insekten: Je wärmer es wird, umso steiler steigt die Kurve an. Aber die Temperatur ist nur einer von vielen Faktoren, die sich im Klimawandel ändern. „In warmen Wintern verbrauchen die Insekten nicht nur mehr Fettreserven, sondern auch viel mehr Wasser: Manche leiden an der Trockenheit mehr als an den hohen Temperaturen“, so Kovac. Das konnte das Team für die Wespenköniginnen bestätigen, die den Winter in Erdlöchern und Verstecken verbringen und im Frühling dafür sorgen, dass neue Völker entstehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2021)

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