Auf der Zeugenliste steht auch die deutsche Kanzlerin.
Berlin. Im Untersuchungsausschuss des deutschen Bundestags zum mutmaßlichen Milliardenbetrug beim ehemaligen DAX-Konzern Wirecard wird es in der kommenden Woche um die Frage der politischen Verantwortung gehen. Auf der Zeugenliste stehen auch die Namen des Vizekanzlers und der Kanzlerin.
Der Fall an sich ist spektakulär genug: ein Finanz-Start-up, das innerhalb kürzester Zeit zum internationalen Börsenliebling wächst – dabei aber verschweigt, dass wohl ein erheblicher Teil der Bilanzsumme frei erfunden ist. Als sich das Ganze als Scharade entpuppt, löst sich ein Börsenwert von mehr als 20 Milliarden Euro in Luft auf, betroffen sind Tausende Kleinanleger. Aber wer ist politisch verantwortlich dafür, dass bei Aufsicht und Kontrolle der Wirecard AG so viel schieflief? Die Zeugenliste dazu liest sich wie das Who's who des Bundeskabinetts: am Dienstag Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU), am Mittwoch Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) und Finanzstaatssekretär Jörg Kukies, am Donnerstag Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und am Freitag Kanzlerin Merkel.
Parteipolitisches Hickhack
Bei der Union ist die Sichtweise klar: „Die festgestellten Versäumnisse laufen an einer zentralen Stelle zusammen, das ist die Bafin, und damit stellt sich auch die Frage der politischen Verantwortung von Olaf Scholz und von seinen Staatssekretären“, sagt Finanzpolitiker Matthias Hauer (CDU). Auch die Opposition konzentriert sich auf die Rolle von Scholz. Die SPD kritisiert indes, die Union sperre sich gegen strengere Regeln für Wirtschaftsprüfer, und verweist auf ehemalige Unions-Politiker auf der Liste der Wirecard-Lobbyisten. (APA/DPA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2021)