Verhandlungen

Atomgespräche in Wien an seidenem Faden

Iran verkündet krassen Verstoß gegen Atomdeal: Uran auf 60 % angereichert.

Wien/Teheran. Die Iraner stellen ihre Gesprächspartner bei den Atomverhandlungen in Wien auf eine schwere Geduldsprobe. Am Freitag erhöhten sie den Druck: Parlamentspräsident Mohammed Qalibaf verkündete stolz, dass es iranischen Wissenschaftlern in der Atomanlage Natanz gelungen sei, auf 60 Prozent angereichertes Uran herzustellen. Wenig später bestätigte Irans Atom-Chef, Ali Akbar Salehi: Man produziere derzeit neun Gramm pro Stunde und werde demnächst auf fünf Gramm reduzieren.

Es handelt sich um den bisher krassesten iranischen Verstoß gegen das Atomabkommen, um dessen Rettung sich Unterhändler seit der Vorwoche in Wien bemühen. Die Entwicklung sei „sehr beunruhigend“, erklärte am Freitag in Brüssel ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Für die hohe Anreicherung gebe es keine glaubwürdige nicht-militärische Erklärung.

Gemäß dem Atomabkommen von 2015 dürften die Iraner ihr Uran lediglich auf 3,67 Prozent anreichern. Für eine Atombombe wäre ein Reinheitsgrad von 90 Prozent nötig.

Wie lang spielt Westen mit?

Die Verhandlungen in Wien gingen zunächst in Arbeitsgruppen weiter. Doch die Frage war, wie lang sich die USA und die europäischen Unterzeichnerstaaten (Großbritannien, Frankreich und Deutschland) Irans Provokationen noch gefallen lassen. Ausgelöst hat die jüngste Eskalation ein Sabotageangriff auf Natanz, hinter dem der Iran die Israelis vermutet.

Ziel der Gespräche an der Ringstraße ist es, dass die USA wieder in das Atomabkommen einsteigen. Der neue US-Präsident, Joe Biden, wäre dazu bereit. Doch er verlangt, dass sich die Iraner vorher wieder an die Atomvereinbarung halten, die sie seit dem US-Ausstieg unter Trump 2018 verletzen. Derzeit bewegt sich die Regierung in Teheran, die ihrerseits eine Aufhebung der US-Sanktionen zur Bedingung macht, freilich in die andere Richtung. (red; ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2021)

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