Umwelt

Österreichs teures Versagen

Rund die Hälfte aller Treibhausgasemissionen in Österreich verursacht der Verkehr.
Rund die Hälfte aller Treibhausgasemissionen in Österreich verursacht der Verkehr. Getty Images/EyeEm
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Die heimische Klimapolitik ist unkoordiniert, uninspiriert und erreicht ihre grundlegenden Ziele nicht. Das ist eine tickende Zeitbombe für das Budget, warnt der Rechnungshof.

Wien. Nun ist es also amtlich: Der Rechnungshof bescheinigt der Republik Österreich ein komplettes Versagen in Sachen Klimaschutz. So gibt es zwar jede Menge Komitees, Strategien und Pläne, aber zu wenig tatsächlichen Fortschritt in der Reduktion der Treibhausgase. Vieles, was das Kontrollorgan zusammengetragen hat, ist nicht ganz neu: In der heimischen Klimapolitik weiß die linke Hand oft nicht, was die rechte tut. Ohne zentrale Steuerung bleiben alle initiativen nur Stückwerk.

Das Resultat: Während die meisten EU-Länder ihren CO2-Ausstoß von 1990 bis 2017 reduzieren konnten, stieg er in Österreich um fünf Prozent an. Vor allem der Verkehrssektor, wo zuletzt fast die Hälfte aller Emissionen angefallen sind, lief komplett aus dem Ruder.

Neun Mrd. für CO2-Zertifikate

Im Jahr 2017 überschritt das Land mit insgesamt 51,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten erstmals die im Klimaschutzgesetz vorgesehene Höchstmenge an Treibhausgasemissionen um rund 1,3 Millionen Tonnen. Die verpflichtenden Reduktionsziele auf EU-Ebene werde die Republik nach heutigem Stand sowohl 2030 als auch 2050 klar verfehlen. Und das kostet bares Geld.

Laut Einschätzung des Finanzministeriums würde bei der ersten Zwischenabrechnung im Jahr 2027 „zumindest ein vierstelliger Millionenbetrag“ an Kompensationszahlungen fällig, um die fehlende CO2-Reduktion mit dem Zukauf von Zertifikaten auszugleichen. Der Rechnungshof schätzt die zu erwartenden Kosten auf 9,214 Milliarden Euro – und drängt die Politik, rasch auf diese drohende Budget-Belastung zu reagieren.

So solle die Republik „zeitgerecht“ eine Strategie für den Ankauf von Emissionszertifikaten entwickeln. „Die derzeit vorgesehene Kostenaufteilung der Länder nach dem Bevölkerungsschlüssel bietet keinen finanziellen Anreiz, sich im Vergleich zu anderen Ländern ambitionierter um Klimaschutzmaßnahmen zu bemühen. Daher wäre auf eine möglichst verursachergerechte Regelung der Aufteilung der Kosten für den allfälligen Ankauf von Emissionszertifikaten zwischen Bund und Ländern hinzuwirken“, heißt es im Bericht.

Generell führe die „Zersplitterung der Verantwortlichkeit“ für die Umsetzung der Klimaschutz-maßnahmen zu einem hohen Koordinationsbedarf zwischen Bund, Ländern und den beteiligten Stellen. Das Resultat seien Leerläufe, Doppelgleisigkeiten oder aber die schleppende und mangelhafte Umsetzung bestimmter Klimaschutzmaßnahmen. Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten müssten klarer zwischen Bund und Ländern aufgeteilt werden.

Während die Opposition den Rechnungshofbericht zum Anlass für einen Rundumschlag gegen die Klimapolitik der türkis-grünen Koalition nahm, sah sich die amtierende Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) in ihrer Arbeit bestätigt. Schließlich analysiert der Bericht auf die Klimapolitik die Jahre 2015 bis 2019 – damals waren weder Gewessler noch die Grünen in der Regierung.

Bund und Länder koordinieren

Bis auf ein paar groß angelegte grüne Förderprogramme ist allerdings auch in ihrer Amtszeit noch nicht viel Entscheidendes vorwärts gegangen. So hängt etwa das Ökostromgesetz (EAG) in der Luft, die ökosoziale Steuerreform fehlt ganz.

Der nächste große Wurf soll das Klimaschutzgesetz sein, das „natürlich auch die Empfehlungen des Rechnungshofs adressieren wird“, so die Ministerin. „Dabei geht es ganz besonders um die gemeinsame Verantwortung, die Bund und Länder im Klimaschutz haben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2021)

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