Post-Brexit

„Bis Mitte des Jahrhunderts kein EU-Beitritt“

Andreas Schieder, im EU-Parlament für die Beziehung zu London zuständig, warnt vor Illusionen.

Brüssel. Die erste Woche in seiner neuen Funktion als außenpolitischer Berichterstatter des Europaparlaments für die Beziehungen zum Vereinigten Königreich endete für Andreas Schieder mit einem Etappensieg. Am Donnerstag sprachen sich die außen- und handelspolitischen Ausschüsse mit 108 Ja- zu einer Neinstimme dafür aus, dass das Parlament dem Handels- und Kooperationsabkommen der EU mit London zustimmt. Das ist nun bloß eine Formalität.

Doch generell ist der Leiter der SPÖ-Delegation sehr beunruhigt. Und er warnt vor der Illusion, dass der Brexit bloß ein Unfall gewesen sei: „Wir brauchen nicht damit zu rechnen, dass es unter einer Labour-Regierung einen baldigen Wiederbeitritt geben wird“, sagt er zur „Presse“. „In den nächsten Jahrzehnten, bis zur Jahrhundertmitte vermutlich, wird es keinen britischen EU-Beitritt geben, wonach dann alles wieder gut ist.“

Das größte Problem der Post-Brexit-Beziehung sei die irische Insel: „Es wird eine Grenze geben: entweder auf der Insel oder wie derzeit in der Irischen See. Wie kann man unterscheiden zwischen Waren, die für den nordirischen Markt bestimmt sind, und jenen, die für die EU sind? Das kann man gut organisieren, aber dafür braucht es Vertrauen, nicht populistische Aufheizung.“ Die Unruhen in Nordirland machen ihm größte Sorgen: „Man muss den Alltag dort so unkompliziert gestalten, dass die Menschen nicht den Eindruck haben, abgeschnitten zu sein.“

Die Aussichten dafür sind nicht sehr gut. Ebenfalls am Donnerstag konnten sich die Unterhändler David Frost und Maroš Šefčovič nicht einigen, wann die von London verlängerte Schonfrist für Lebensmitteltransporte nach Nordirland beendet wird. (go)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2021)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.