Obama: Frieden im Nahen Osten 2011 möglich

Obama Frieden Nahen Osten
Obama Frieden Nahen Osten(c) REUTERS (MIKE SEGAR)
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Der amerikanische Präsident Barack Obama nahm bei der 65. UN-Vollversammlung Israelis, Palästinenser und sich selbst in die Pflicht: „Es liegt in unserer Macht, dass es diesmal anders wird.“

Wie bunte Schwärme schwirrten die Delegationen in den großen Bienenstock der Weltpolitik. Staatsoberhäupter, Ministerpräsidenten, Außenminister, Aktenträger aus 192 Ländern strömten zur Eröffnung der UN-Generalversammlung in New York. Sie alle kamen, um die Königsbiene zu hören, den Mann, der als Vierter zum Auditorium sprach: Barack Obama.

In seiner Rede plädierte der US-Präsident leidenschaftlich für eine Friedenslösung im Nahen Osten und wetterte gegen „zynische Pessimisten". „Es liegt in unserer Macht, dass es diesmal anders wird, dass sich diesmal nicht Terror und Schaukämpfe in den Weg stellen." Es sei möglich, in einem Jahr ein Abkommen zu erreichen, das „zu einem neuen Mitglied der Vereinten Nationen führt, einem unabhängigen Palästinenserstaat, der in Frieden mit Israel lebt", erklärte er, unterbrochen von Applaus.

Obama war in jedem seiner Sätze bemüht, als entschlossener und ehrlicher Makler aufzutreten. „Die Freunde Israels unter uns müssen verstehen, dass echte Sicherheit für den jüdischen Staat ein unabhängiges Palästina voraussetzt, das dem palästinensischen Volk ein Leben in Würde und mit Chancen ermöglicht", sagte der US-Präsident. Und die Freunde der Palästinenser müssten verstehen, dass deren Rechte nur friedlich zu gewinnen seien und Israel anerkannt werden müsse. „Israelische Zivilisten zu ermorden ist nicht Widerstand, sondern Ungerechtigkeit." Die israelische UN-Delegation hörte Obamas Rede aber nicht. Die Vertreter nahmen an der Versammlung nicht teil, weil am Donnerstag eines der wichtigsten jüdischen Feste, das Laubhüttenfest, begonnen hat.

Doch mit Pathos allein wird sich kein Frieden zwischen Israel und Palästinensern herstellen lassen. Die direkten Verhandlungen, die Obama am 2. September in Washington angestoßen hat, sind vom Absturz bedroht. Denn am Sonntag schon läuft der Siedlungsbaustopp aus, zu dem sich Israel bereit erklärt hat.

Spindelegger bei Abbas

Obama forderte Israel am Donnerstag öffentlich auf, das Moratorium zu verlängern. Das jedoch könnte die israelische Regierung sprengen. Außenminister Avigdor Lieberman, ein Hardliner, gab bereits mehrmals zu Protokoll, dass er und seine Partei die jüdischen Siedlungen im Westjordanland ausbauen wollen. Sollte sich Lieberman durchsetzen, verlöre Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas sein Gesicht. Dann bliebe ihm nichts anderes übrig, als den Verhandlungstisch zu verlassen.

Abbas hielt ein paar Schritte vom UN-Gebäude entfernt Hof. Ein Politiker nach dem anderen besuchte ihn in seiner Suite im Millennium Plaza Hotel, auch Österreichs Außenminister Michael Spindelegger. Ihn bat der PLO-Chef, gemeinsam mit der EU auf Israel einzuwirken, das Moratorium zunächst einmal wenigstens drei Monate zu verlängern. Bis zum Jahresende könnten Israelis und Palästinenser sich über Grenzen und Gebietstausch einigen.

Die Zeit drängt. Denn im Nahen Osten wirft eine andere Gefahr düstere Schatten: die nukleare Aufrüstung des Iran. Es war das zweite große Thema, das die UN-Vollversammlung dominierte. Schon bevor Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad, der notorische Provokateur, am Donnerstag im Auditorium das Wort ergriff, hatte er seine Runde durch New York gezogen. In einem CNN-Interview mit Larry King bezeichnete er den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu als „Profikiller". Den Vorwurf, dass der Iran Atomwaffen produziere, stritt Ahmadinejad ab. Die österreichische Delegation war instruiert, den UNO-Saal zu verlassen, sobald Irans Präsident vor das Mikrofon trat.

Tür für Iran bleibt offen

Doch ganz ist der Dialog mit Teheran nicht abgebrochen. Irans Außenminister Manouchehr Mottaki sollte in New York mit dem britischen Chef-Diplomaten William Hague zusammentreffen. Nach Informationen der „New York Times" bastelt die internationale Gemeinschaft an einem neuen Angebot für die Iraner.

Ganz neu ist die Offerte freilich nicht; einmal ist sie bereits gescheitert. Teheran soll mehr als 1200 Kilogramm angereichertes Uran nach Frankreich und Russland schicken und im Gegenzug Brennstäbe für Forschungsreaktoren erhalten. „Die Tür für Verhandlungen ist offen", wiederholte Obama.

Die UNO-Vollversammlung bot den Rahmen für einen ganzen Reigen bilateraler Treffen. Bundespräsident Heinz Fischer und Michael Spindelegger teilten sich die Arbeit. Der Außenminister traf am Donnerstag seine Kollegen aus Kuba und Algerien. Der Präsident führte Gespräche mit Iraks und Kubas Staatsoberhäuptern. Der offenbar etwas außenpolitikscheue Bundeskanzler Werner Faymann hatte seine Reise nach New York vor zwei Wochen abgesagt. Wegen der Budgetverhandlungen.

AUF EINEN BLICK

Die 65. Generalversammlung der Vereinten Nationen hat am Donnerstag in New York begonnen. 150 Staats- und Regierungschefs nehmen daran teil. Der UN-Gipfel zu den Millenniumszielen war der Vollversammlung der 192 UNO-Mitglieder vorangegangen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2010)

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