Amtsgeheimnis

Informationsfreiheit: Anwälte befürchten mehr Geheimhaltung als bisher

ÖVP und Grüne wollen das Amtsgeheimnis aus der Verfassung streichen und durch ein Recht auf Informationszugang ersetzen. Dieses wird aber durch zahlreiche Ausnahmen durchbrochen.
ÖVP und Grüne wollen das Amtsgeheimnis aus der Verfassung streichen und durch ein Recht auf Informationszugang ersetzen. Dieses wird aber durch zahlreiche Ausnahmen durchbrochen. Die Presse/Clemens Fabry
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Die Rechtsanwaltskammer kritisiert die weiter als bisher gefassten Ausnahmen von der geplanten Informationsfreiheit sowie die Einschränkung der Parlamentsrechte. Die Begutachtung der Regierungspläne läuft am Montag ab.

Massive Bedenken gegen die Regierungspläne zur Reform des Amtsgeheimnisses hegt die Rechtsanwaltskammer. Die von Präsident Rupert Wolff gezeichnete Stellungnahme kritisiert sowohl weiter als bisher gefasste Ausnahmen von der geplanten Informationsfreiheit als auch die Einschränkung der Parlamentsrechte. Ob es noch Nachbesserungen geben wird, ist offen. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) will die über 100 Begutachtungsstellungnahmen möglichst breit besprechen.

ÖVP und Grüne wollen das Amtsgeheimnis aus der Verfassung streichen und durch ein Recht auf Informationszugang ersetzen, das aber durch zahlreiche Ausnahmen durchbrochen wird. Geheimhaltung ist u.a. vorgesehen im Interesse der nationalen Sicherheit, zur Abwehr eines erheblichen wirtschaftlichen Schadens für den Staat oder "zur Vorbereitung einer Entscheidung". Diese Gründe gelten im Wesentlichen auch schon beim derzeitigen Amtsgeheimnis.

„Ausdehnung der geheim zu haltenden Informationen"

Die Rechtsanwälte kritisieren nun, dass eine der künftigen Ausnahmen zu weit gefasst sei - nämlich die Geheimhaltung von Informationen "zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen". Dies bedeute eine "nicht unerhebliche Ausdehnung der geheim zu haltenden Informationen". Denn derzeit sei Geheimhaltung nur "im überwiegenden Interesse der (Verfahrens)Parteien" vorgesehen. Die Rechtsanwälte warnen, dass diese Ausnahme künftig zur pauschalen Ablehnung von Auskünften verwendet wird: "Das Recht auf Zugang zu Informationen ist angesichts dieser sehr umfassenden und teilweise äußerst unbestimmten Einschränkung (...) tatsächlich nicht effektiv." Kritisiert wird auch, dass Verträge erst ab einem Wert von 100.000 veröffentlicht werden sollen. Hier drohe Missbrauch durch Kettenverträge. Die Entscheidungsfristen halten die Anwälte für zu lang.

Außerdem warnt die Rechtsanwaltskammer vor einer Einschränkung der parlamentarischen Rechte, die zuvor auch die Landtage und Bürgerrechtsorganisationen kritisiert hatten. Denn künftig ist explizit vorgesehen, dass sich Mitglieder der Bundesregierung auch gegenüber dem Parlament auf die Geheimhaltung berufen könnten. Dies ist zwar auch beim Amtsgeheimnis der Fall - allerdings nur wegen eines mutmaßlichen Redaktionsversehens bei der Verfassungsreform von 1929. Die Anwaltskammer schlägt daher unter Verweis auf die "auch bisher problematische Praxis" vor, die Geheimhaltung der Regierung gegenüber dem Parlament gänzlich zu streichen.

Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig

Ob es noch Änderungen an den Gesetzesplänen geben wird, ist offen. Im Büro der zuständigen Verfassungsministerin Edtstadler hieß es am Montag, man wolle die mehr als 100 Begutachtungsstellungnahmen möglichst breit besprechen. Dass die geplanten Geheimhaltungsgründe auch gegenüber dem Parlament gelten sollen, verteidigt Edtstadlers Sprecher allerdings. Dies sei keine Einschränkung, weil ja auch das Amtsgeheimnis gegenüber dem Parlament gelte. Nun gelte es, eine möglichst breite Einigung zu erzielen. Für die nötige Verfassungsänderung ist im Parlament eine Zweidrittelmehrheit nötig.

(APA)

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