Stadtplanung

Eine offene Halle für den Wiener Naschmarkt

The Mercat de Sant Josep, better known as La Boqueria, is
The Mercat de Sant Josep, better known as La Boqueria, isKONTROLAB/LightRocket via Getty
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Stadträtin Sima will Teile des Naschmarkt-Areals neu gestalten. Der Ex-Koalitionspartner steigt deshalb auf die Barrikaden.

Der Naschmarkt gilt als Flaggschiff der Wiener Märkte. Allerdings hat er auch seine herausfordernden Seiten. Die riesige, 12.000 Quadratmeter große Asphaltfläche im Bereich des Flohmarktes (bei der U4-Station Kettenbrückengasse) heizt sich in den Sommermonaten enorm auf, was zu einer massiven Hitzeinsel mit Auswirkungen auf die gesamte Umgebung führt.

Dazu hat der Naschmarkt etwas an Attraktivität verloren. Bei der jüngsten Besucherzählung war der Brunnenmarkt mit 72.674 Besuchern der am stärksten frequentierte Markt in der Stadt, danach folgte der Rochusmarkt (56.251 Besucher), auf Platz drei kam der Naschmarkt mit 52.503 Besuchern.

Nun soll einerseits die Hitzeinsel entschärft, andererseits der Naschmarkt attraktiviert werden – was einen veritablen politischen Disput zwischen der zuständigen Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) und dem Ex-Koalitionspartner der SPÖ, den Wiener Grünen auslöst.

Regionale Produkte im Fokus

Die Ausgangslage: Am Montag präsentierte Sima ihren Plan für eine offene Markthalle auf dem Naschmarkt (im Bereich des Parkplatzes zwischen Kettenbrückengasse und Rüdigerhof in Mariahilf). Genauer gesagt: Sie präsentierte ihren Bürgerbeteiligungsprozess für die offene Markthalle. Denn dass die Markthalle kommen wird, daran ließ Sima keinen Zweifel. „Das Ziel ist ein kühler Ort mit ausreichend Schatten, möglichst viel Grün und hoher Aufenthaltsqualität.“ Nachsatz: „Herzstück dieses Projektes soll eine offene Markthalle werden, die in Hitzeperioden ausreichend Schatten bietet und ein lebendiges, neues Grätzlzentrum wird.“

Konkret ist ein überdachter Markt mit regionalen österreichischen Produkten geplant, dazu kommt gastronomisches Angebot; der Fokus soll auf regionale-saisonalen Speisen liegen.

„Wir haben im Februar ein Stimmungsbild erhoben. Drei Viertel (der Befragten, Anm.) stehen einer offenen Markthalle positiv gegenüber“, so Sima, die in der Halle darin eine deutliche Aufwertung des Naschmarktes sieht.

Bürgerbeteiligung bis Ende Juni

Das Bürgerbeteiligungsverfahren soll bis Ende Juni laufen. Deshalb gibt es noch keine Informationen oder Visualisierungen, wie die Neugestaltung aussehen wird. Die Kosten stehen daher laut Sima ebenfalls noch nicht fest.

Nach dem Bürgerbeteiligungsverfahren wird es einen europaweit ausgeschriebenen Architekturwettbewerb geben – bei der Markthalle soll auch mit einer Dachbegrünung gearbeitet werden.
Der Grund für die Neugestaltung des Areals hat einen weiteren Grund: Die Parkplätze sind nur zu 40 Prozent ausgelastet, verbrauchen also wertvolle innerstädtische Fläche. Dazu war das Gebiet bereits bis 1992 Marktgebiet.

Begleitet wurde Sima bei ihrer Präsentation von den beiden SPÖ-Bezirksvorstehern Markus Rumelhart (Mariahilf) und Silvia Jankovic (Margareten). Er habe die Anrainer per Brief eingeladen, sich bei dem Bürgerbeteiligungsprozess (virtuell unter https://markthalle.wienwirdwow.at, Anm.) zu engagieren, meinte Rumelhart: Denn große Versammlungen seien in Corona-Zeiten derzeit leider nicht möglich und umsetzbar.

„Noch mehr Beton“

Die SPÖ-Pläne stoßen bei dem ehemaligen Koalitionspartner, den Grünen, auf Empörung: „Wenn es nach Sima geht, dann wird es dort noch mehr Beton und Stahl geben“, kritisiert der grüne Klima-Stadtrat Peter Kraus. Wie eine Markthalle zur Abkühlung des Hitzepols mitten in der Stadt beitragen soll, sei „vollkommen rätselhaft“, erklärte Kraus, der auch eine „Verschandelung“ des Jugendstilensembles entlang der Wienzeile befürchtet.

Die Grünen hatten bereits eine eigene Bürgerbefragung gestartet, und führen sie gegen die SPÖ-Pläne ins Feld: „Wir haben Fragebögen an tausende Menschen, die rund um den Naschmarktparkplatz leben, geschickt, und innerhalb kürzester Zeit mehr als 600 Antworten bekommen: Rund 80 Prozent lehnen die geplante Markthalle ab, erklärte Michael Reichelt, grüner Vize-Bezirksvorsteher in Mariahilf.
Die Grünen präsentierten als Gegenmodell zu den SPÖ-Plänen eine Hochglanz-Visualisierung eines grünen Naschmarkt-Areals inklusive großer, schattiger Bäumen. Dazu erklärte Rumelhart am Naschmarkt-Parkplatz, mit dem Finger auf den Boden deutend: „Unter uns ist der Wien-Fluss. Die Abdeckung hier ist nur ein Meter dünn.“ Nachsatz: „Hier geht sich kein einziger Baum aus.“

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