Die deutsche Öko-Partei stilisiert sich, beflügelt vom Zeitgeist, als Gegengewicht zur Union. Zumindest die Debatte in der K-Frage lief modellhaft.
Um 11.03 Uhr stieg über einer stillgelegten Fabrikhalle in Berlin-Tempelhof gleichsam weißer Rauch auf, und Robert Habeck überbrachte die Botschaft – wie zuvor angekündigt – mit demonstrativem Frohsinn und Souveränität: Habemus Candidatum – allerdings in der weiblichen Form. Als der Co-Chef der Grünen zu seiner leicht philosophisch verbrämten Präsentation anhob, war klar, dass die Wahl der Kanzlerkandidatin auf seine Kollegin Annalena Baerbock gefallen war. Als Frau hatte sie das Zugriffsrecht bei der Öko-Partei auf die Nummer eins, und die 40-Jährige packte mit beiden Händen zu.
Dass die Grünen überhaupt eine Kanzlerkandidatin kürten, markiert eine Zäsur. Bisher war dies den alten Volksparteien CDU/CSU und SPD vorbehalten. Bei den Sozialdemokraten ist das Attribut schon längst nicht mehr gerechtfertigt, und die Christdemokraten tun momentan alles, um ihre Reputation als Kanzlerwahlverein zu verspielen. „Sind die Grünen die besseren Schwarzen?“, fragte pointiert beileibe nicht die links-alternative „taz“, sondern just die „FAZ“. Es zeigt, wie sehr sich in Deutschland gerade die Parameter der Politik verschieben.