Gastkommentar

Die Pandemie als verpasster Wake-up Call

Peter Kufner
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Corona hätte eine jener Krisen sein können, die überfällige Staatsreformen ermöglichen. Gerade auch in Österreich.

Um jegliche Sorge zu zerstreuen, dass es sich hier um einen langatmigen Artikel zum Thema Bürokratie handeln könnte, beginne ich bei einem Attentat: Der amerikanische Präsident James A. Garfield wurde am 2. Juli 1881 von Charles J. Guiteau im dritten Monat seiner Präsidentschaft erschossen. Der Attentäter schrieb zuvor eine Rede für den Präsidenten, die dieser zwar nie hielt, war jedoch der Meinung, als Belohnung für seine Mühen entweder zum Konsul in Wien oder Paris ernannt werden zu müssen. Guiteau sprach weder Deutsch noch Französisch, aber er verstand die Sprache des sogenannten Spoils-Systems, welches damals in den USA vorherrschte. In diesem System wurden sämtliche Ämter nach Nähe zum Präsidenten vergeben, und auch unser unglücklicher Attentäter rechnete sich mit seiner Rede die Chance auf einen lukrativen Posten aus.

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Die durch die Ermordung des Präsidenten ausgelöste Krise führte schließlich 1883 zur Verabschiedung des Pendleton Act, in welchem festgelegt wurde, dass Posten in der öffentlichen Verwaltung in Zukunft nach Qualifikation und nicht politischer Zugehörigkeit zu vergeben seien. Auch wenn der Pendleton Act in den vergangenen 140 Jahren in Vergessenheit geraten ist, war er dennoch ein wichtiger Schritt, ein schwerfälliges System durch eine Krise zu reformieren. Hätte das Attentat nicht stattgefunden, wäre es wahrscheinlich nie zu der notwendigen Reform gekommen.

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