Als Desinfektionsmittel knapp waren, wurden die Regeln zur Herstellung gelockert. Seit Monaten dürfen die Produkte ohne Zulassung nicht mehr im Umlauf sein. Dennoch sind sie es.
„Schaut man den Leuten auf die Hände, sieht man das Problem“, sagt Miranda Suchomel von der Österreichischen Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin (ÖGHMP). „Sie sind oft trocken und sogar rissig.“ Nicht regelkonform produzierte Desinfektionsmittel stellen erhebliche Risken dar. Doch als 2020 das Coronavirus ausbrach, wurden Gels und Sprays zum Desinfizieren zur Mangelware. Drogerien waren leergehamstert und Spitälern wurden sogar die Lagerbestände geklaut. Es herrschte Ausnahmezustand.
Schnell einmal Alkohol zusammenpanschen, darf man allerdings nicht. Will eine Firma Desinfektionsmittel herstellen, muss sie sich an die europäische Biozid-Verordnung halten. Eine Zulassung beim Bundesumweltamt dauert. Dafür müssen unter anderem dermatologische und toxikologische Gutachten vorgelegt werden. Laut dem Hygiene-Unternehmen Hagleitner entsteht ein Kostenaufwand von 500.000 Euro.
„Skrupellose Geschäftemacherei"
Daher reagierte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler mit einer Ausnahmegenehmigung zur Biozid-Verordnung für die Produktion von Desinfektionsmitteln aus Ethanol und Isopropanol. „Diese Genehmigung stellt sicher, dass in Österreich genügend Desinfektionsmittel hergestellt werden können“, sagte sie 2020. Es gab Notzulassungen für Apotheken, Bundesheer und Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). „96 Unternehmen erfüllten die notwendigen Voraussetzungen und konnten so von der Notfallzulassung profitieren“, heißt es von der WKÖ zur „Presse“. „Für besonders kritische Bereiche wie die Lebensmittelversorgung und den Gesundheitssektor war das lebenswichtig.“ So begannen Schnapsbrennereien, Autoschmiermittelhersteller und sonstige Betriebe, Desinfektionsmittel zu produzieren. Allein das Bundesheer hatte im Frühjahr etwa 500Schulen im gesamten Bundesgebiet mit Desinfektionsmittel beliefert.