Kunstlicht

Es ist Zeit, sperrt die Kulturbetriebe wieder auf

(c) Krause & Johansen
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Fast scheinen sie zu platzen vor Außergewöhnlichem, die Museen, die Theater, die Konzerthäuser. Alles ist geprobt, alles gehängt, alles ist bereit.

Der Zusammenhang war ein anderer, aber die subtile Wendung ins Positive durch eine simple Verschiebung der Betonung hat mich trotzdem einigermaßen berückt: Vor einiger Zeit schon, in der so schönen Serie der Ö1-„Menschenbilder“, beschrieb der Intendant der Salzburger Festspiele, Markus Hinterhäuser, den fundamentalen Unterschied (in einem Musikerleben) zwischen dem Wiederholen. Und dem wieder Holen.
Wer hundert Mal die „Winterreise“ wiederholt, kann sich (und sie) zugrunde richten. Wer seine Aufmerksamkeit darauf richtet, diesen einmal erlebten Zustand des Außergewöhnlichen immer wieder zu holen, immer wieder neu entstehen zu lassen, bringt sich (und sie) im besten Fall in ungeahnte Höhen.

Die Wiederholung hat ihren schlechten Ruf zu Unrecht. Die Frage lautet, was man aus ihr macht. In der bildenden Kunst gilt mittlerweile beides als gültige Methode, die (versuchte) ständige Stillosigkeit und das Beharren auf einer Idee, einer Fähigkeit. Je älter ich werde, desto eher fasziniert mich das Konzept der Jahrzehnte, der ganze Leben lang gepflegten Verfeinerung. Bei Mark Rothkos Tempeln. Bei Hermann Nitschs „Orgien Mysterien Theater“. Für Giorgio Morandis Faible für Flaschen fühle ich mich zumindest noch zu jung. Außerdem widerstrebt mir diese vielleicht gesunde Einsicht in den Zauber des Alltags. Nicht nur, aber gerade in Pandemiezeiten. Hier herrscht mehr repetitiver Schrecken. Kein Verlangen, sich das täglich wieder vor Augen zu holen. Wozu auch.

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