Großbritannien

Die Chatprotokolle des Boris Johnson

BRITAIN-POLITICS-HEALTH-VIRUS-ECONOMY
BRITAIN-POLITICS-HEALTH-VIRUS-ECONOMYPOOL/AFP via Getty Images
  • Drucken

Boris Johnson in Bedrängnis: Der Premier versprach Milliardär James Dyson Steuervorteile. Per SMS.

London. Wenn der Regierungschef ausnahmsweise nicht im Scheinwerferlicht steht, ist er selten ohne sein Handy zu sehen. Unablässig bekommt und sendet er Textnachrichten. „Ich werde das morgen richten“, schrieb Boris Johnson per WhatsApp dem Unternehmer James Dyson, als dieser auf Steuererleichterungen drängte. Vor einem Parlamentsausschuss forderte am Donnerstag die oppositionelle Labour Party die sofortige Untersuchung des Vorwurfs. Johnson führe eine „WhatsApp-Regierung“, wie es Vorsitzende Meg Hillier formulierte.

Der Premier hatte sich im vergangenen März persönlich an Dyson gewandt. Man kennt sich. Der Unternehmer (geschätztes Vermögen: 20 Milliarden Pfund) ist Großspender der Konservativen und Verfechter des Brexit, vor dem er sich durch Verlagerung der Firmenzentrale nach Singapur in Sicherheit gebracht hat. Johnson rief den Hersteller an, weil dem Gesundheitswesen NHS in der ersten Coronawelle die Ventilatoren rasant auszugehen drohten.

„Traurig, James“

Dyson erklärte sich zur Mitarbeit bereit, wollte aber sicherstellen, dass Fachkräfte seiner Firma für den Aufenthalt in Großbritannien nicht steuerpflichtig seien. Nachdem die Finanzbehörde sich vor einer Antwort gedrückt hatte, wandte sich Dyson direkt an Johnson. „Wir sind bereit. Aber es scheint, dass niemand will, dass wir weitermachen. Traurig, James“, schrieb er. Der Premier stieß offenbar bei seinem Finanzminister nach und konnte bald Erfolg melden: „Rishi (Sunak, Anm.) sagt, es ist geregelt.“ Dyson wollte das noch schriftlich: „Lieber Boris, wir brauchen auch einen Brief von Rishi.“Am Ende verkündete Sunak im Parlament die von Dyson geforderte Steuerfreistellung. Aber gebraucht wurde sie da bereits nicht mehr: Das NHS entschied sich gegen die von Dyson entwickelten Geräte. „Wir haben 20 Millionen Pfund in die Investition gesteckt“, sagt die Firma jetzt, und weist alle Vorwürfe von Fehlverhalten zurück. „Wir haben nicht einen Penny von irgendjemandem verlangt.“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

May 6, 2021, London, England, United Kingdom: UK Prime Minister BORIS JOHNSON and his fiancee CARRIE SYMONDS voted in S
Großbritannien

Neue Untersuchung zu Boris Johnsons privaten Ausgaben

Eine Parlamentskommission prüft nun die Umstände einer privaten Reise Johnsons auf eine Karibikinsel.
Boris Johnson muss derzeit einen Skandal nach dem anderen abwehren. Dabei hätte er mit Covid, Brexit und Nordirland bereits genug zu tun.
Großbritannien

Nun bringt auch seine Handynummer Boris Johnson unter Druck

Der britische Premier kommt nicht aus den Negativschlagzeilen. Boris Johnson nutzte eine öffentlich bekannte Telefonnummer offenbar bis zuletzt, was Sorge um die nationale Sicherheit auslöste.
BRITAIN-HEALTH-VIRUS-MOORE
Großbritannien

Worum es bei den Vorwürfen gegen Boris Johnson geht

Eher sollten sich „Leichen zu Tausenden türmen“, als dass er einen weiteren Lockdown anordnen würde: Das soll der britische Premier im Herbst gesagt haben. Auf Johnson prasseln die Anschuldigungen im Moment nur so nieder.
Boris Johnson
Großbritannien

Sittenbild der Macht: Boris Johnson zittert vor Enthüllungen

„Sittenwidrig, idiotisch, womöglich illegal“: Offener Krieg zwischen dem Premier und Ex-Berater Dominic Cummings.
Kleinkrieg zwischen Boris Johnson und Dominic Cummings, seinem Ex-Mastermind
Morgenglosse

Drama um King Boris in der Downing Street

Sinistrer Ex-Stratege führt Vendetta gegen Premier.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.