5 Fragen an die ÖH-Spitzenkandidaten

Zahlt es sich aus, ÖH-Mitglied zu sein?

Sophie Wotschke ist Spitzenkandidatin der Jungen Liberalen Studierenden (Junos).
Sophie Wotschke ist Spitzenkandidatin der Jungen Liberalen Studierenden (Junos).Caio Kaufmann
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Junos-Spitzenkandidatin Sophie Wotschke findet Exmatrikalutionen und Zugangsbeschränkungen fair. Vorlesungen würde sie auch künftig gern während des Kochens hören. Fünf Fragen – und ein paar Nachfragen.

1. Früher wollten die Junos mehr Distance Learning. Jetzt wollen sie nichts mehr als zurück an die Uni. Funktioniert Universität letztlich doch nur analog?

Sophie Wotschke: Natürlich braucht es Teile in Präsenz. Für den Diskurs und das Campusleben ist das sehr wichtig. Aber es braucht im Studium auch möglichst viel Flexibilität und Freiheit. Ich will selbst entscheiden können, ob ich einen Kurs lieber vor Ort oder online mache. Deshalb soll das digitale Angebot, das es jetzt gibt, nach der Krise fortgesetzt und innovativer gestaltet werden. Denn eine Vorlesung als Podcast während des Kochens zu hören, finde ich super nice.

Funktioniert Studieren wirklich während des Kochens?
Lernen ist sehr individuell, und da sollte sich die Uni anpassen. Ich zum Beispiel bevorzuge Bücher im Selbststudium. Aber ich höre auch sehr gern Vorlesungen. Im Lockdown habe ich es meistens so gemacht, dass ich sie mir angehört habe, wenn ich geputzt oder gekocht habe.

2. Für viele ist es in der Pandemie finanziell eng geworden. Ist es in Zeiten wie diesen noch angebracht, die Einführung von Studiengebühren zu fordern?

Momentan haben tatsächlich viele Studierende Existenzängste. Denn es gab keine staatlichen Überbrückungshilfen für die Jobs, die Studierende verloren haben, deshalb fordern wir auch die Erhöhung von Beihilfen und Stipendien. Gleichzeitig fordern wir nachgelagerte Studienbeiträge. Das heißt: Jetzt belasten wir absolut niemanden.

Aber später.
Viele Probleme, die wir an der Uni und der FH sehen, wurzeln darin, dass die Hochschulen nicht ausfinanziert sind. Wir fordern, dass der Staat seinen Beitrag leistet, also zwei Prozent des BIP. Im Gegenzug sind auch wir bereit, einen Beitrag für unser Studium zu leisten – aber nachgelagert, also dann, wenn man mit beiden Beinen im Berufsleben steht und genug verdient.

3. Die Junos mögen provokante Forderungen. Als eine der wenigen Fraktionen fordern die pinken Studierenden Zugangsbeschränkungen. Wie sollen faire Aufnahmeverfahren aussehen?

Nicht wie der Medizinaufnahmetest MedAT. Wir wollen keine Aufnahmeverfahren, bei denen es von einem einzigen Tag, an dem ich vielleicht Liebeskummer habe, abhängt, ob ich später studieren kann oder nicht. Die Verfahren sollen auf alle Fälle mehrstufig sein, mit Self-Assessments, Motivationsschreiben, Gesprächen etc.

Sophie Wotschke im "Presse"-Interview
Sophie Wotschke im "Presse"-InterviewJulia Wenzel

In welchen Fächern, die bisher nicht beschränkt sind, braucht es neue Hürden?
Ich studiere zum Beispiel am Juridicum. Das ist offiziell zugangsbeschränkt. Aber die Beschränkungen sind auf 1300 Leute ausgelegt. So viele Kapazitäten hat das Juridicum nicht. Wenn ich einen Kinosaal betreibe und 100 Plätze habe, kann ich auch nicht 1000 Leute hineinlassen und warten, bis 900 ihren Platz freiwillig räumen. Genau so ist es derzeit am Juridicum. Wir haben ständige Knock-out-Prüfungen. Wir wünschen uns, dass die Unis von Anfang an mit offenen Karten spielen, sagen, so viele Plätze haben wir, so viele Leute können wir unterrichten und ihr werdet das Studium auch abschließen.

4. An den Unis wird nun erstmals eine Mindeststudienleistung verlangt. 16 ECTS-Punkte müssen in vier Semestern gesammelt werden. Wer das nicht schafft, wird exmatrikuliert. Was halten die Junos davon?

An vier ECTS pro Semester wird niemand scheitern. Wir halten die Novelle des Universitätsgesetzes für eine verlorene Chance. Man hätte mehr Flexibilität im Studium, ein Teilzeitstudium, eine Ausfinanzierung der Unis und vieles mehr gebraucht. Das alles ist nicht passiert.

Für die meisten anderen Fraktionen ist die Mindeststudienleistung ein No-Go. Für die Junos also nicht?
Die vier ECTS pro Semester sind für Studierende kein Problem. Und die Unis haben dadurch mehr Planungssicherheit bekommen. Wenn man sich anschaut, wen das im Endeffekt trifft, dann sind das die No-Shows. Es werden Karteileichen aussortiert. Ich mache seit drei Jahren zum Beispiel nebenbei Philosophie, aber ich habe noch keinen einzigen Kurs belegt. Ich fände es fair, wenn ich exmatrikuliert würde. Das wäre auch für die Uni und für die Rankings gut, weil ich negativ in die Beurteilung falle und das Betreuungsverhältnis hinunterziehe.

5. Sie sind gegen eine Zwangsmitgliedschaft bei der ÖH. Zahlt es sich nicht aus, hier Mitglied zu sein?

Momentan nicht. Das hat sich in der Krise gezeigt. Die Hochschulen waren massiv überfordert, Kurse wurden abgesagt, Prüfungen verschoben, die Kommunikation war spät und dürftig – und von der ÖH hat man nichts mitbekommen. Wo war die ÖH in der Krise, als man sie am meisten gebraucht hätte?

Also am besten gleich abschaffen?
Nein. Wir haben da einen anderen Zugang. Studierende sollen im ersten Semester noch automatisch Mitglied der ÖH sein. So ist die Grundfinanzierung gesichert. Im ersten Semester hat die ÖH die Chance, einen zu überzeugen, dann soll es ein Opt-out geben, dann kann man sagen: Nein, ich fühle mich nicht vertreten, ich trete aus. So bekommt die ÖH Feedback und hat Anreize, für ihr Geld zu arbeiten. Sie kann sich dann nicht mehr auf ihren Geldbergen ausruhen, sich zerstreiten und den ganzen Sommer über nichts mehr arbeiten.

Zur Person

Sophie Wotschke ist Spitzenkandidatin der Jungen Liberalen Studierenden (Junos) für die von 18. bis 20. Mai stattfindende ÖH-Wahl. Sie ist 22 Jahre alt und in Wien geboren. Seit 2016 studiert sie an der Universität Wien Jus, mittlerweile kurz vor dem Abschluss, und Volkswirtschaftslehre. Für die pinken Studierenden sitzt sie an der Uni Wien in der Universitätsvertretung.

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