Wirecard-Skandal

Was Angela Merkel im Wirecard U-Ausschuss zu sagen hatte

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Die Bundeskanzlerin sieht keine Sonderbehandlung Wirecards bei ihrer China-Reise im Jahr 2019. Es habe keinen Anlass gegeben, „von schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten bei Wirecard auszugehen“.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde am Freitag als Zeugin im Wirecard U-Ausschuss zum mutmaßlichen Betrugsskandal um das Fintech-Unternehmen befragt. Dort hat sie ihren Einsatz für das damalige Dax-Unternehmen bei einer China-Reise 2019 verteidigt. „Die Wirecard AG genoss bei der Reise keine Sonderbehandlung", sagte die CDU-Politikerin. Das Bemühen von Wirecard um Markteintritt in China habe sich mit den Zielen der deutschen Regierung gedeckt.

Es sei normal, dass sich die Berliner Regierung und auch die Kanzlerin bei bilateralen Kontakten für die Interessen der deutschen Wirtschaft einsetze, betonte Merkel. „Es gab damals allen Presseberichten zum Trotz keinen Anlass, von schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten bei Wirecard auszugehen."

China-Reise 2019 keine „Wirecard-Reise"

Die Kanzlerin hatte 2019 auf der China-Reise bei der Pekinger Führung das Thema der geplanten Übernahme des chinesischen Unternehmens AllScore Financial durch Wirecard angesprochen. Dass das Thema in China zur Sprache gekommen sei, habe aus sich heraus seine Logik gehabt, sagte sie. Das Anliegen habe sich in die jahrelangen Bemühungen der deutschen Regierung um Marktöffnung in China eingefügt. Im Nachhinein sehe es so aus, als ob die Reise eine Wirecard-Reise gewesen sei, „das ist aber weit entfernt", sagte Merkel. Im Gespräch mit Präsident Xi Jinping sei es um viele politische Themen gegangen.

Bilanzloch von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt

Im vergangenen Sommer hatte Wirecard ein Bilanzloch von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Vorstandschef Markus Braun wurde festgenommen, Manager Jan Marsalek ist auf der Flucht. Beide frühere Wirecard-Spitzen sind Österreicher. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Jahresabschlüsse mindestens seit 2015 gefälscht wurden. Die Wirtschaftsprüfer gaben diesen Abschlüssen jedoch immer wieder uneingeschränkt ihren Stempel.

Merkel in „allerletzter Konsequenz“ verantwortlich

Merkel sagte, es gelte generell, dass in allerletzter Konsequenz "ich als Bundeskanzlerin" Verantwortung trage. Sie stellte sich vor allem vor ihren Wirtschaftsberater Lars-Hendrik Röller, der in der Kritik steht, weil seine Ehefrau als Schnittstelle zwischen Wirecard und einem chinesischen Unternehmen agiert haben soll. Sie habe nicht den geringsten Anlass, ihr Vertrauen in Röller infrage zu stellen, betonte Merkel.

Vor der China-Reise hatte Merkel ein Gespräch mit dem früheren Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der als Lobbyist für Wirecard tätig war. Sie könne sich zwar nicht erinnern, dass Guttenberg Wirecard konkret erwähnt habe, sagte Merkel. Es sei aber richtig, dass sie ihn nach dem Gespräch an Röller verwiesen habe.

Es gebe keinen hundertprozentigen Schutz vor kriminellen Machenschaften, machte Merkel deutlich. Gleichwohl müsse alles getan werden, um die Wiederholung eines solchen Falls zu verhindern, sagte sie mit Blick auf Wirecard. Merkel verwies auf geplante Reformen der Finanzaufsicht.

Opposition kritisiert Merkel

Politiker der Opposition und der SPD hatten unmittelbar vor ihrem Auftritt die Kanzlerin kritisiert. Grünen-Obmann Danyal Bayaz sagte, zwar sei Merkel direkt nichts vorzuwerfen, weil sie von ihren Leuten "hereingeritten" worden sei. Sie habe sich aber nicht mit Ruhm bekleckert. Bayaz sprach mit Blick etwa auf zu Guttenberg von einem "Amigo-Netzwerk von Lobbyisten und Beratern" rund um Wirecard.

Linke-Obmann Fabio de Masi sagte, Merkel müsse die Frage beantworten, warum sie bei Xi für Wirecard lobbyiert habe. Ähnlich äußerte sich SPD-Obmann Jens Zimmermann.

(APA)

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