Russland

Kremlgegner Nawalny beendet Hungerstreik im Straflager

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Ende März hatte der 44-Jährige mit der Nahrungsverweigerung begonnen. Aufgrund seiner rapide schwindenen Gesundheit und auf dringenden Rat von Ärzten hört er nun damit auf.

Der in einem berüchtigen Straflager inhaftierte nationalistische Kremlgegner Alexej Nawalny (44) hat am Freitag ein Ende seines seit drei Wochen andauernden Hungerstreiks angekündigt. Angesichts "aller Umstände" beginne er damit, aus dem Hungerstreik auszusteigen, hieß es in einer Mitteilung in seinem Instagram-Kanal.

Es werde wohl rund drei Wochen dauern, um wieder zu einer normalen Nahrungsaufnahme zu kommen. Er danke den "guten Menschen" in Russland und auf der ganzen Welt für ihre Unterstützung. Er bestehe darauf, von einem Vertrauensarzt untersucht zu werden. Er verliere das Gefühl in Teilen seiner Arme und Beine.

Schon seit geraumer Zeit hatten Ärzte ihm empfohlen, dringend etwas zu essen. Vor kurzem war er laut seinem Team zu einer Untersuchung in ein Krankenhaus außerhalb des Gefängnisses gebracht worden. Untersucht worden sei er in der Stadt Wladimir östlich von Moskau. Seine Ärzte hatten darauf am Donnerstag unter Berufung auf die Untersuchungsergebnisse in einem von Medien veröffentlichten Brief an den Oppositionspolitiker appelliert, seinen Hungerstreik sofort zu beenden, sonst werde er seine Gesundheit weiter schädigen und vermutlich sterben.

Nawalny wurde im Februar zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen im Konnex mit einem früheren Strafverfahren wegen Betruges und Geldwäsche. Auf den Oppositionellen war im August 2020 ein Giftanschlag in Russland verübt worden, hinter dem der russische Geheimdienst stecken dürfte.

Darauf wurde er durch eine Initiative aus dem Westen nach Berlin zur Behandlung geflogen, überlebte und blieb noch längere Zeit zur Erholung in Deutschland. Unter anderem das wurde ihm als Verstoß gegen die Bewährungsauflagen ausgelegt. Unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Moskau im Jänner wurde er verhaftet und wieder vor Gericht gestellt.

Wärter grillten demonstrativ Hühner vor seiner Zelle

Ende Februar wurde Nawalny in das Straflager Pokrow 100 Kilometer östlich von Moskau verlegt. Er berichtet seither von grauenhaften Zuständen, psychologischer Folter, Schlafentzug und ähnlichem, auch gehe es ihm körperlich immer schlechter, unter anderem wegen eines Bandscheibenvorfalls.

Nach Beginn des Hungerstreiks Ende März nahm seine Gesundheit offenbar weiter ab und er berichtet, dass die Wärter ihn etwa damit plagen würden, indem sie Hühner vor seiner Zelle grillen und verspeisen würden. Die russische Regierung wies Foltervorwürfe seitens der EU zu den Straflagern zurück.

Der Politiker klagte zuletzt über Rückenleiden, Lähmungserscheinungen in den Gliedmaßen, Fieber und Husten. Seine Forderung, einen unabhängigen Arzt zu sehen, bleibe weiter bestehen, schrieb Nawalny nun. Erst am Mittwoch hatten seine Unterstützer bei landesweiten Protesten eine korrekte medizinische Versorgung des 44-Jährigen gefordert.

(APA/DPA/red.)

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