Weintrends

Was das Weinjahr 2020 besonders macht?

Unterschiedlichste Böden liebt steirischer Wein: Im Südosten (hier: Straden) – vulkanisch.
Unterschiedlichste Böden liebt steirischer Wein: Im Südosten (hier: Straden) – vulkanisch.OeWM_Gerhard Trumler
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Frisch, saftig, steirisch – und sehr gut. Sauvignon Blanc hat Welschriesling als Nummer eins überholt.

Höchst trinkvergnüglich ist der neue Weinjahrgang 2020 ausgefallen, wenn man den Winzereinschätzungen glaubt. Und wäre da nicht noch immer Corona mit seinen Beschränkungen, hätten die Steiermark-Fans schon ausreichend Gelegenheit, die neuen Gebietsweine aus diesem jungen Jahrgang bei den Winzern zu kosten. So aber bleibt derzeit nur online die Reise zum Wein. Wobei viele Winzer schon seit dem Vorjahr ihre Internetshops aufgerüstet haben, damit niemand auf Sauvignon Blanc, Muskateller und Co. aus der Steiermark verzichten muss, bis die Weingüter und Buschenschänken wieder ihre Gäste begrüßen können.

Was dieses Weinjahr 2020 besonders macht? Es ist klassisch – ein aromatischer Jahrgang, so wie man die steirischen Weine kennt und sie sich wünscht. Reife und gesunde Trauben konnten größtenteils unter optimalen Bedingungen von Mitte September bis weit in den Oktober hinein geerntet werden, heißt es vom Verband der Wein Steiermark. Es gab einen späten Austrieb der Reben, ein kühles Frühjahr, einen schönen Sommer mit Niederschlägen und einen ebensolchen Herbst mit kühlen Nächten. „Es ist ein spannendes Jahr gewesen, meint Alois Gollenz, Winzer aus Tieschen im Vulkanland. Durch die kühlen Nächte im Herbst habe sich die Ernte ziemlich nach hinten gezogen.

Sehr gut in Folge

Winzer- und Gebietskollege Christoph Neumeister aus Straden findet es auch „ziemlich cool, dass die Ernte später geworden ist, denn dadurch sind sehr saftige, leichtfüßige Weine herausgekommen“. Obwohl der Jahrgang in allen drei steirischen Weinbaugebieten toll ausgefallen ist, spricht Neumeister bei Jahren wie dem jüngsten, die als etwas kühler gelten, von einem „Vorteil fürs Vulkanland. Weil man im Osten durch den fühlbaren pannonischen Klimaeinfluss etwa eine Woche früher dran ist als in der Weststeiermark“. Dort im Schilcherland würde durch die Nähe zur Koralpe mehr der alpine Einfluss spürbar sein. „Im Vulkanland haben wir auch an der Basis ausgereifte Trauben und eine Vollmundigkeit, die die westlichen Weinbetriebe so nicht haben“, sagt Biowinzer Neumeister. In warmen Jahren wie 2018 oder 2015 hingegen „ist das Gegenteil der Fall. Da sind die Weststeirer im Vorteil.“

In der jüngeren Vergangenheit haben die Winzer keinen Grund, sich zu beklagen. „2020 ist der vierte sehr gute Jahrgang hintereinander“, sagt der südsteirische Winzer Hannes Sabathi aus Gamlitz. „2020 ist zwar schlanker als 2018, aber nerviger als 2019 und 2017.“ Was in der Winzersprache als „nervig“ bezeichnet wird, bedeutet „rassig“. Somit sind Weine mit einer ausgeprägten, anregenden Säurepikanz gemeint, die den Weinen einen guten Grip und somit Halt gibt. Das wirkt sich vor allem bei kräftigen Weinen oft positiv auf die Entwicklungs-­ und Lagerfähigkeit aus.

Auf südsteirischen Rieden wächst oft Sauvignon Blanc.
Auf südsteirischen Rieden wächst oft Sauvignon Blanc.OeWM_Gerhard Trumler

Steirische Typizität

Ob die leichten steirischen Gebietsweine, die gerade die Keller der Winzer verlassen, oder die Orts- und Lagenweine, die erst ab Mai verkauft werden dürfen – „2020 wird ein außergewöhnlicher Jahrgang mit schöner Frucht, moderatem Alkoholgehalt und schöner Säure“, schwärmt Markus Skoff vom Weingut Peter Skoff aus Gamlitz. Der Jahrgang sei süffig und biete einen großen Spaßfaktor – vor allem wenn es um die „typischen Steirer“ geht: Allen voran der Sauvignon Blanc, der sich zum Superstar entwickelt hat und in allen drei Weinbaugebieten hohe Relevanz hat.

Seit Kurzem hat der Sauvignon Blanc auch der bisherigen Nummer eins, dem Welschriesling, den Rang ­abgelaufen und ist die führende Rebsorte der Steiermark mit rund 900  Hektar. Das war nicht immer so: Ein, zwei Winzergenerationen früher, vor etwa 35 Jahren, hatte der Sauvignon Blanc schlanke 59 Hektar Rebfläche eingenommen – von 2800 Hektar, die es damals in der Steiermark gab. In der Aufbruchstimmung nach dem österreichischen Weinskandal, an dem die Steiermark nicht beteiligt war, und dank des immer größer werdenden Know-hows der Winzer wuchs der Sauvignon Blanc kontinuierlich mit der generellen Flächenerweiterung.

Vor zwanzig Jahren waren schon 200  Hektar mit Sauvignon Blanc bestockt, ab dann explodierte die aromatische Rebsorte flächenmäßig und wurde bei vielen Winzern und Konsumenten zu Everybody’s Darling. Alle paar Jahre kamen rund 200 Hektar dazu. Heute hält die Steiermark bei 902 Hektar Sauvignon Blanc. Die neue Nummer-eins-Rebsorte macht damit 17,7 Prozent des heute 5096 Hektar großen steirischen Rebenmeers aus. Hinter dem Sauvignon nehmen der Welschriesling und der Weißburgunder die nächsten Plätze ein. Ersterer hat einen Anteil von 15,7  Prozent, Zweiterer hält bei 13,7  Prozent. An vierter und fünfter Stelle in der Beliebtheit der Weißweinsorten sind Gelber Muskateller mit 9,9  Prozent und der Chardonnay, der in der Steiermark oft als Morillon bezeichnet wird, mit 7,6 Prozent.

Eine Sonderstellung nimmt der Schilcher ein – der schillernde Roséwein, der aus der Blauen-Wildbacher-Traube gemacht wird und mit der Weststeiermark tief verwurzelt ist. Der Blaue Wildbacher, der viele mit seinem eigenständigem, säurebetonten Weinprofil verzaubert, nimmt im Schilcherland das Gros der rund 600 Hektar Fläche ein. Diese Vormachtstellung in der Weststeiermark katapultiert den Schilcher auch in der gesamten Steiermark weit unter die Top-fünf-Rebsorten mit einem Anteil von 10,5 Prozent. Der Wildbacher macht damit auch fast die Hälfte des offiziell ausgewiesenen 22-Prozent-Rotweinanteils aus und ist durch seine Bedeutung in der Weststeiermark natürlich auch Teil des seit 2018 gültigen steirischen DAC-Herkunftssystems. Insgesamt werden im DAC-System die neun wichtigsten Sorten der steirischen Winzer zusammengefasst. Neben den bereits angeführten gehören auch die Spezialitäten Traminer und Grauburgunder, die vorwiegend im Vulkanland im Südosten große Bedeutung haben, sowie der Riesling, der im Sausal mit seinen Schieferböden verbreitet ist, zu den DAC-Sorten.

Herkunftspyramide

Das DAC-Herkunftssystem ist als Pyramide aufgebaut – an der Basis stehen die Weine mit der Herkunft Steiermark. Die erste Stufe der Pyramide nehmen die Gebietsweine Weststeiermark, Südsteiermark und Vulkanland Steiermark ein. In der Mitte – als zweite Stufe der Pyramide – stehen die neuen Ortsweine von 18 Weinorten, die sich durch ihre Kleinklimate und Bodenprofile unterscheiden (mehr dazu auf Seite 34). On top und mit der am engsten definierten Herkunft ­stehen die Riedenweine, die nicht nur den Weinberg charakterisieren, sondern auch die Handschrift des Winzers in der Bearbeitung und im Ausbau der Riede.

Wie dieses neue DAC-System in der Winzerschaft angenommen wird, zeigen erste Umfragen: „Die Weinbauern sind mit über 80  Prozent der Meinung, dass das System, so wie es jetzt ist, ein gutes ist – und von den Weingütern auch sehr gut mitgetragen wird“, betont Wein-Steiermark-Geschäftsführer Werner Luttenberger. „Natürlich braucht es da oder dort die eine oder andere kleine Schraube, an der man drehen kann. Und man muss schauen, wie sich diese Dinge weiterentwickeln lassen.“ Jedenfalls glaubt Luttenberger, dass die Steiermark mit den jüngsten Jahrgängen 2017 bis 2020 „ganz gut aufgestellt ist. Und dass wir sehr viel Charme in diesen Weinen haben.“

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