Genozid an Armeniern

Türkei lädt US-Botschafter wegen Anerkennung von Völkermord vor

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US-ARMENIA-TURKEY-HISTORY-GENOCIDE(c) APA/AFP (SAMUEL CORUM)
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Dass US-Präsident Joe Biden den Völkermord an den Armeniern anerkannt hat, sorgt für diplomatische Verstimmungen. Der armenische Premier ist hingegen "begeistert“.

Nach der Anerkennung der Massakeran den Armeniern während des Ersten Weltkriegs als Völkermord durch US-Präsident Joe Biden hat die Türkei den US-Botschafter in Ankara ins Außenamt zitiert. Mit der Vorladung von David Satterfield bringe das türkische Außenministerium seinen Protest gegen Bidens Äußerungen vom Samstag zum Ausdruck, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu.

Bidens Äußerungen hätten "eine Wunde" in die Beziehungen beider Länder geschlagen, "die schwer wieder gutzumachen" sei, kritisierte das Ministerium in Ankara laut Anadolu. Zuvor hatte es Bidens Positionierung "auf das Schärfste" zurückgewiesen.

Biden hatte am Samstag als erster US-Präsident die Einstufung als Genozid vorgenommen. "Wir gedenken all derer, die im Völkermord an den Armeniern während der Zeit der Osmanen gestorben sind", erklärte er zum 106. Jahrestag der Massaker. Der US-Präsident betonte, es handle sich um die Bestätigung einer historischen Tatsache und gehe nicht darum, der Türkei "Vorwürfe zu machen". Die Anerkennung der Geschichte sei wichtig, um zu verhindern, "dass solch eine Gräueltat sich jemals wiederholt".

Biden warb für Verständnis bei Erdogan

In einem Telefonat mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan hatte Biden am Vortag um Verständnis für den Schritt geworben. Erdogan erklärte jedoch, das Thema dürfe nicht "durch Dritte politisiert" und "als Instrument zur Einmischung in unserem Land" missbraucht werden.

Genozid

Der 24. April 1915 markierte den Beginn der Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich. Schätzungen zufolge wurden zwischen 1915 und 1917 von den Soldaten des Osmanischen Reiches zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Armenier getötet.

Die Türkei lehnt die Verwendung des Begriffs Völkermord ab und spricht von einem Bürgerkrieg, in dessen Verlauf auf beiden Seiten Hunderttausende ihr Leben verloren.

Das Osmanische Reich war im Ersten Weltkrieg ein Bündnispartner von Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich, die beim Massenmord an den Armeniern wegschauten.

In der deutschen Armee gab es sogar Befürworter des Genozids, weil die Armenier beschuldigt wurden, auf der Seite des gemeinsamen Kriegsfeindes Russland zu stehen. Dieses kämpfte mit Großbritannien und Frankreich gegen die drei "Mittelmächte".

Der österreichische Nationalrat verurteilte die Gräueltaten an den Armeniern im April 2015 offiziell als Völkermord, weswegen Ankara zeitweise den Botschafter aus Wien abzog. Eine Anerkennung der Gräueltaten als Genozid durch den Deutschen Bundestag im Jahr 2016 belastete die deutsch-türkischen Beziehungen schwer.

Zuvor hatte auch Bidens französischer Amtskollege Emmanuel Macron des Massakers an den Armeniern gedacht. "Das französische Volk und das armenische Volk sind für immer verbunden", teilte der 43-Jährige am Samstag via Twitter mit. Auf Bildern war der Staatschef anlässlich des "Gedenktags für den armenischen Genozid" beim Mahnmal im Zentrum der französischen Hauptstadt zu sehen.

Macron hatte vor rund zwei Jahren angekündigt, den 24. April zu einem nationalen Gedenktag zu machen. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete, war es nun das erste Mal, dass er am Gedenktag an einer offiziellen Feier teilnahm. In Frankreich gibt es eine große armenische Diaspora.

Unterstützung für die Benennung des Völkermordes an den Armeniern durch Biden äußerte indes das Internationale Auschwitz Komitee. "Die Anerkennung und Benennung des Völkermordes an den Armeniern durch den amerikanischen Präsidenten Biden ist für Überlebende des Holocaust eine überaus wichtige Geste und ein beispielhaftes politisches Signal an die türkische Regierung, sich endlich der Wahrheit und der historischen Verantwortung zu stellen", betonte Christoph Heubner, der Exekutiv Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, in einer Aussendung am Sonntag.

(APA/AFP/dpa/Reuters)

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