Landwirtschaft

Gentechnik auf dem Acker: „Keine Hilfe für Bauern“

Raps - wieviel Änderung soll erlaubt sein?
Raps - wieviel Änderung soll erlaubt sein?APA/DPA/ARNE DEDERT
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Kritiker der Gentechnik in der Landwirtschaft fordern strenge Prüfung von gentechnisch verändertem Saatgut – und: keine Verwässerung von Zulassungsprüfungen und Kennzeichnungspflichten.

„Saatgut ist Gemeingut“, sagt Maria Vogt, Biobäuerin im Weinviertel. Sie ist eine der Vertreterinnen der Berg- und Kleinbäuerinnen Vereinigung und sieht die neuen Methoden der Gentechnik kritisch. Bei dieser Technologie werden keine fremden Gene eingebaut, sondern es werden bestimmte Gene ausgeschaltet, nachdem zuvor eine Genschere eingebracht worden ist.

„Solche Eingriffe sind keine Hilfe für Kleinbäuerinnen, sie bringen keine zusätzlichen Einnahmen. Im Gegenteil“, meint die Landwirtin. Die Veränderung des Saatguts sei patentiert, „dadurch geraten die Bauern noch stärker in die Abhängigkeit von Konzernen, die Konzentration im Lebensmittelbereich wird noch stärker.“ Vogt fordert die Umkehr zu einer anderen Landwirtschaft, zu einer nachhaltigen und regionalen.

Vogt war eine der Sprecherin in einer Pressekonferenz, zu der am Montag auch die „Interessensgemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit, Testbiotech (Institut für Folgenabschätzung) und die Umweltorganisation Global 2000 geladen hatten. Anlass ist ein bevorstehender Bericht über die neue Gentechnik (Crispr/Cas), der in dieser Woche von der EU-Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit veröffentlicht wird.

Gegen „ein Weitermachen wie bisher“

Eva Gelinksy, Koordinatorin der IG Saatgut in der Schweiz, erstellt jährlich eine Übersicht über die Aktivitäten von Lebensmittelkonzernen (im Auftrag des Schweizer Bundesamts für Umwelt ), betont aber, dass die Übersicht mangels Transparenz der Industrie nicht vollständig sein könne. Ersichtlich sei, dass der Schwerpunkt auf Herbizidresistenz (etwa für Raps) liege. Außerdem sei ein gentechnisch verändertes Soja auf dem Markt, bei dem die Fettsäure verändert worden sei. Gelinksy: „Derartige Änderungen tragen dazu bei, dass das bestehende input-intensive Agrarmodell stabilisiert wird. Auch beim Kampf gegen die Klimakrise helfen solche Pflanzen nicht.“ Gelinksy glaubt, dass mit dem Eingriff in Pflanzen dem „Weitermachen wie bisher“ der Weg geebnet werden solle. Das stehe einer nachhaltigen Landwirtschaft entgegen. Die Besorgnis hat die IG Saatgut der EU in einem offenen Brief mitgeteilt, der von 162 Organisationen getragen wird.

Christoph Then, Geschäftsführer von „Testbiotech“,  hält die künstlich eingebauten Eigenschaften für nicht unproblematisch. „Wir wissen nicht, welche Auswirkungen zum Beispiel ein veränderter Fettsäuregehalt hat.“ Ebenso unklar sei, wie sich eine veränderte Tomate, die in Japan zugelassen worden ist, auswirkt. Sie enthält mehr Aminobuttersäure und soll so eine blutdrucksenkende Wirkung haben. Then fordert eine Risikobewertung solcher Verfahren.

Brigitte Reisenberger, Gentechniksprecherin von Global 2000, verlangt eine strikte Gentechnik-Regulierung. Es dürfe „keinen Freifahrtsschein“ geben: „Eine Deregulierung von neuer Gentechnik könnte schwerwiegende Folgen für die österreichische Landwirtschaft haben.“ Deshalb dürfe es keine Verwässerung von Zulassungsbedingungen und Kennzeichnungspflichten geben. Die Umweltorganisation hat dazu einen Bericht zusammengestellt.

„Keine Gentechnik durch die Hintertür"

Im Gesundheitsministerium wird betont, dass die österreichische Position zur neuen Gentechnik eindeutig sei und bleibe. Sie sei auch europoarechtlich abgesichert. Denn der Europäische Gerichtshof hat im Juli 2018 festgestellt, dass auch neue Gentechnikverfahren Gentechnik im Sinne des Gentechnikrechts sind. Deshalb müssen auch hier alle Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit ergriffen werden. Das bedeutet, es gilt das idente Zulassungsverfahren mit einer umfassenden Risikobewertung und dem Monitoring der Langzeitfolgen.

Minister Wolfgang Mückstein: „Ich werde keine Gentechnik durch die Hintertür akzeptieren. Die drei Grundpfeiler Vorsorgeprinzip, wissenschaftliche Risikobewertung und Kennzeichnungspflicht sind auch bei der sogenannten neune Gentechnik unumstößlich. Österreich wird diese Position weiterhin offensiv bei allen Diskussionen auf der EU-Ebene einbringen.“

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