EU

Warum die EU zum Freihandel verdammt ist

KENYA-HEALTH-PANDEMIC-TRANSPORT-VACCINE
KENYA-HEALTH-PANDEMIC-TRANSPORT-VACCINEAPA/AFP/TONY KARUMBA
  • Drucken

Europa ist dank dem Binnenmarkt der am stärksten globalisierte Teil der Welt – und Europas Wohlstand vom regelbasierten Handel abhängig. Protektionismus kann sich die EU nicht leisten.

Brüssel/Genf. Verkrustet, im Gestern verhaftet, protektionistisch und wirtschaftsfeindlich – diese Klischees werden in schöner Regelmäßigkeit in Stellung gebracht, um die vermeintliche Unfähigkeit der Europäischen Union zu illustrieren, sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten. In der Tat befindet sich der Anteil der EU an der globalen Wirtschaftsleistung seit geraumer Zeit im Sinkflug: Waren die 27 Mitgliedstaaten der EU zur Jahrtausendwende für knapp ein Viertel des Welt-BIPs verantwortlich, werden sie Prognosen zufolge im Jahr 2030 bloß ein Siebtel generieren.

Exportvolumen 3,1 Bio. Euro

Die Presse/GK

Doch bei genauerer Betrachtung fällt dieses Zerrbild wie ein misslungenes Soufflé in sich zusammen. Denn die Unionsmitglieder (und ihre Nachbarn Schweiz und Norwegen, die am Binnenmarkt der EU teilnehmen), haben ein Dauerabonnement für die Spitzenplätze im KOF-Globalisierungsindex, der den Grad der weltweiten wirtschaftlichen Vernetzung abbildet und jährlich von der ETH Zürich berechnet wird. So belegten Teilnehmer des EU-Binnenmarkts im Vorjahr 25 der 30 Spitzenplätze (siehe Grafik). Die USA landeten 2020 auf Platz 25, China auf Platz 82. Auch die Handelszahlen sprechen die gleiche Sprache: Die EU war vor dem Ausbruch der Coronapandemie für 74 Staaten der Handelspartner Nummer eins und mit einem jährlichen Export- und Importvolumen von 3,1 und 2,8 Bio. Euro der weltgrößte Handel treibende Block.Apropos Corona: Auch was den Handel mit Impfstoffen anbelangt, ist die EU alles andere als protektionistisch. Seit der am 1. Februar erfolgten Einführung von Exportkontrollen im Zuge des Skandals um Lieferausfälle von AstraZeneca, der in einer Klage der EU gegen den britisch-schwedischen Pharmakonzern resultierte, wurden aus der Union mit Stand 19. April insgesamt 136 Mio. Impfdosen ausgeführt – was gut 40 Prozent der Gesamtproduktion entspricht. Die USA und Großbritannien, die vermeintlichen Champions des Freihandels, führten in diesem Zeitraum exakt null Dosen aus. Insofern war es nicht verwunderlich, dass sich Ngozi Okonjo-Iweala, die Chefin der Welthandelsorganisation WTO, anlässlich des Treffens mit EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis am gestrigen Montag bei der EU für die Bereitschaft zum Export der Vakzine bedankte – und an Washington und London appellierte, sich an den Europäern ein Vorbild zu nehmen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.