Kleiner U-Ausschuss

Impfstoffbeschaffung: Auer weist Schuld von sich

Clemens Martin Auer
Clemens Martin Auer(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Er hätte wegen eines Kostendeckels nicht anders agieren können, soll der ehemalige Impfkoordinator bei seiner Befragung im „kleinen U-Ausschuss“ betont haben. Die Opposition sieht sich in ihrem Eindruck bestätigt, dass Kanzler Kurz über die Vorgänge informiert gewesen sei.

Der vormalige Impfkoordinator Clemens Martin Auer war heute Gast im "kleinen U-Ausschuss" zu den Beschaffungen in der Coronakrise. Der Spitzenbeamte wollte sich zwar öffentlich nicht äußern, nach Angaben von Sitzungsteilnehmern wies er aber die Verantwortung für nicht bestellte Impfstoffe von sich. Einen klaren Nachweis, dass Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sehr wohl informiert war, gab es aber wohl nicht. Ob ein Kostendeckel existierte, wird unterschiedlich dargestellt.

Im Fokus von Auers Befragung in der nicht öffentlichen Sitzung stand die Frage, wieso Österreich nicht sein maximal verfügbares Kontingent an Impfstoffen vor allem von Johnson & Johnson und Biontech/Pfizer abgerufen hat. Kanzler Kurz hatte dafür einen Alleingang des Impfkoordinators verantwortlich gemacht. Der vormalige Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) war ebenfalls auf Distanz zu Auer gegangen, der auch seine Position als Koordinator verließ.

Opposition sieht sich in Vorwürfen bestätigt

"Schäbig" nannte dieses Vorgehen der Neos-Vertreter im Ausschuss, Douglas Hoyos, in einer anschließenden Pressekonferenz Dienstagnachmittag. Es sei "weltfremd" zu glauben, dass ein Beamter alleine Entscheidungen dieser Dimension treffen konnte. Hätte der Kanzler wirklich nichts von den Vorgängen gewusst, hätte er seinen Job nicht gut gemacht. Als „Chefmanager“ nicht, als der er sich im Impfen ausgegeben habe, aber auch nicht als Bundeskanzler. Dieser sei schließlich dafür verantwortlich, „das höchste Gut in der Pandemie“ sicherzustellen, nämlich die Gesundheit der Bevölkerung, so Hoyos. Und wenn das Impfen nun gut laufe, resümiert der Neos-Mandatar, „dann nicht wegen Sebastian Kurz, sondern trotz Sebastian Kurz“. Das habe der heutige Tag gezeigt.

Und auch, dass Kurz offensichtlich informiert gewesen war, meinte der freiheitliche Fraktionschef Wolfgang Zanger. Auer habe demnach zu Protokoll gegeben, sehr wohl immer wieder darüber berichtet zu haben, welche Möglichkeiten Österreich zur Verfügung stehen würden. „Dass der Bundeskanzler davon nichts wusste, ist für mich keinesfalls nachvollziehbar, da stimmt etwas nicht“, so Zanger. Außerdem habe sich bestätigt, „dass es bis Ende des Jahres 2020 einen Budgetrahmen in der Höhe von 200 Millionen Euro gegeben habe.“ Dieser sei zwar erweitert worden, „aber erst später“. Kurz sage hier „offensichtlich die Unwahrheit", so der Freiheitliche: „Er wird nervös, wenn sein Image zu leiden beginnt."

Von einer „fatalen Impfsituation“ spricht SP-Fraktionschefin Karin Greiner. Hätte das volle Kontingent ausgeschöpft werden können, hätte man diese vermeiden können. Schuld dafür sei aber nicht Auer, dieser hätte nur aufgrund seiner möglichen Handlungsbefugnisse agieren können. Dass nicht das volle Kontingent an Impfstoffen beschafft worden sei, hält Greiner einem 200 Millionen-Euro-Deckel geschuldet, für den Finanzminister und Kanzler verantwortlich seien.

Anschuldigungen für ÖVP „Schwachsinn"

Schon vor der gemeinsamen Oppositions-Pressekonferenz hatte sich VP-Fraktionschef Andreas Hanger über Rot, Blau und Pink geärgert. Denn dass es einen Impfdeckel gegeben hätte, sei "Schwachsinn" und auch von Auer nicht behauptet worden. Was in der Sitzung gesagt werde und was danach von der Opposition darüber berichtet werde, sei wie Tag und Nacht. Überdies sei Österreich beim Impffortschritt unter Auer auf Platz 20 gelegen, ohne ihn jetzt auf Rang vier. Hanger meint, dies sei unter anderem dem Bundeskanzler zu verdanken.

Heraus aus dem Zank zwischen ÖVP und Opposition hielten sich die Grünen. Deren Mandatar David Stögmüller meinte in einem schriftlichen Statement zur Befragung Auers, in einem Jahr Pandemie hätten alle viel dazu lernen müssen: "Wir machen heute vieles anders als vor einem Jahr." Wichtig sei, dass man aus vergangen Erfahrungen lerne und mögliche Empfehlungen für Verbesserungspotenziale aufzeigen könne.

(Red./APA)

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