Bluetooth-Tracker

Apples Airtags sind nichts für Stalker, Kinder oder Hunde

via REUTERS
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Bis zu ein Lebensjahr verschwendet jeder Mensch mit der Suche nach Dingen. Zeit, die man sich mit Hilfe von Technologie zurückholen kann.

Es gibt technische Innovationen, deren Sinn sich auch bei näherer Betrachtung nicht erschließen will. Smarte Mülleimer, zum Beispiel. Um zu wissen, dass der voll ist, braucht es keine Anbindung ans Smartphone. Anders sieht es bei Technik aus, die mir Lebenszeit bringt. Das versprechen zumindest Bluetooth-Tracker, die aussehen wie ein zu groß geratenes Mentos-Zuckerl, die einem das ewige Suchen ersparen soll. Je nach Studie sind das zwischen sechs und zwölf Monaten, die ein Mensch nur mit Suchen verbringt. Apple hat mit den Airtags genau so was jetzt auch ab 30. April im Angebot. Damit wird das iPhone zum Peilgerät.

Dass damit Stalkern das perfekte Hilfsmittel in die Hand gegeben werden könnte, hat Apple von vornherein technisch ausgeschlossen. Damit die Airtags genau dafür nicht missbraucht werden können, hat man sich einiges einfallen lassen. Sie sind auch keine digitalen Spürhunde für Kinder und Haustiere, wie das Unternehmen betont. Und nachsetzt, dass bei Kindern sich dafür die Apple Watch eher eigne.

Wozu sind die kleinen Airtags denn nun eigentlich da? Es gibt Momente, da wähnt man den Aufstand der Dinge. Der Schlüssel ist nicht in der Box neben der Tür, die Brieftasche hat sich auch vertschüsst und der Rucksack des Filius übt sich im Tarnmodus. Nichts ist, wo es sein sollte, auch wenn es einen dezidierten Platz hat. Und genau hier sollen die Airtags einspringen.

Statt die Wohnung, das Auto und sich selbst auf links zu drehen, nimmt man sein iPhone und spürt Dinge über Bluetooth auf. Dafür muss man es vorher nur in der „Wo ist“-App einfügen. Die gehört bei jedem iPhone zum App-Standardinventar, ist also von vornherein mit an Bord. Bis zu 16 Tracker sind möglich pro Apple-ID. Damit die beiden Gerätschaften einander verbunden sind, brauchen sie nur ein wenig Nähe und iOS-Version 14.5. Die Kopplung bestätigen und einen Namen hinzufügen - zum Beispiel Schlüssel - und den Tracker dann am entsprechenden Gegenstand anbringen.

Und hier merkt man auch einmal mehr Apples Talent, Geld zu verdienen. Die kleinen Airtags haben kein Loch oder eine Aussparung, um einen schnöden Faden durchziehen zu können. Die Halterungen gibt es natürlich extra zu kaufen. Nach oben gibt es kaum Grenzen. Bis zu 450 Euro können dafür ausgegegeben werden, wobei auch schon welche um 14 Euro zu haben sind.

Piepst um Aufmerksamkeit

Tritt der Fall also ein, dass der Schlüssel sich wieder versteckt hat, greift man zum Handy, ruft die "Wo ist"-App auf und lässt die Scheibe piepsen. Oder man delegiert die Aufgabe an Siri. Das Resultat bleibt gleich: Ist es in Hör- und Reichweite piepst es.

Doch was, wenn der Schlüssel weiter weg ist? Im Auto oder gar tatsächlich verloren? Ist das Airtag außerhalb der Bluetooth-Reichweite - und das beginnt ersten Testberichten aus den USA zufolge bereits bei knapp acht bis zehn Metern: Eine Lokalisierung aus der Ferne ist möglich, auch wenn keine Verbindung zum Mobilfunknetz aufgebaut wird.

Dafür wählt man die Option "Verloren" in der App und dann greifen die iOS-Geräte unter die Arme, wie bei einer Menschenkette. Dann greift ein Netzwerk aus mehr als einer Milliarde Geräten weltweit ein. Spürt also das Airtag eines Spaziergängers im Vorbeigehen am Auto den Schlüssel-Tracker auf, meldet es über die iCloud automatisch den Standort an den Besitzer.

Dabei erfährt der passive Finder nicht von den Aufspürtätigkeiten seines technischen Helfers. Es wird auch, laut Apple, der Standort geteilt. Die Informationen sind völlig anonym und Ende-zu-Ende verschlüsselt.

Apple ist sich bewusst, dass dieses übergroße Mentos-Zuckerl auch viel Schlimmes anrichten könnte. Der iPhone-Konzern ist sich bewusst, dass hier einiges auf dem Spiel steht. Die Sicherheit der Kunden einerseits und der Ruf des Unternehmens andererseits.

Da der Airtag nicht groß ist, kann er sehr leicht unbemerkt Personen untergeschoben werden. Das bleibt aber nicht lange unbemerkt. Sobald man sich nämlich der eigenen Haustür nähert, ertönt eine Warnung, inklusive dem Hinweis: "Airtag bewegt sich mit Ihnen". Über die App kann dann einmal mehr auch dieser Eindringling aufgespürt werden.

Ab 30. April erhältlich

Und auch für jene, die den Airtag mit einem Android-Smartphone oder gar ohne Smartphone nutzen wollen, gibt es eine Lösung - mit Zeitverzögerung. Wird ein Airtag für mindestens drei Tage von seinem verbundenen iPhone, in unserem Beispiel von einem Stalker, getrennt, beginnt der Tracker selbstständig, einen Signalton auszugeben, der seine Umgebung auf sich aufmerksam machen soll. Hier behält sich Apple die Möglichkeit vor, nachzuschärfen.

Ab 30. April sind die Airtags offiziell erhältlich. Der Preis liegt bei 35 Euro, im Viererpack gibt es Mengenrabatt. Bei der Instandhaltung sind die Bluetooth-Tracker günstig. Die Knopfzellenbatterie soll bis zu einem Jahr halten und kann selbst ausgetauscht werden, worüber sie auch deaktiviert werden können.

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