Türkis-Grün

Kurz: "Bei Blümel werden sich alle entschuldigen müssen"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) APA/HELMUT FOHRINGER
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Der Kanzler will für sich keine „Zehnjahrespläne“ machen, verteidigt aber Österreichs Coronastrategie - um jene der EU zu kritisieren: „Es muss sich definitiv viel ändern in Europa.“

In zehn Jahren, sagte Sebastian Kurz im Dezember 2013 der deutschen Boulevardzeitung „Bild“, sehe er sich „nicht in der Politik“. Letztere, so der damals 27-Jährige, der gerade vom Staatssekretär zum Außenminister aufgestiegen war, sei für ihn „ein Lebensabschnitt, der mir viel Freude macht“, aber „eben nicht ein Leben lang“. Vielmehr wolle er „auf jeden Fall noch etwas in der Privatwirtschaft unternehmen und in einer großen Nichtregierungs-Organisation arbeiten“. Heute, mehr als sieben Jahre später, blickt Kurz auf zehn Jahre Spitzenpolitik zurück - und erzählt davon in zahlreichen in- und ausländischen Medien. Von einem nahenden Ausstieg aus dieser ist dabei nicht die Rede. 

„Ich bin davon überzeugt, dass ich noch ein langes Leben nach der Politik in anderen Bereichen haben werde. Aber im Moment weiß ich, wo mein Platz ist“, sagte Kurz etwa in der „NZZ“. Umgelegt auf einen Marathon und der derzeit von ihm erreichten Kilometerzahl (eine Metapher, die von Türkis-Grün mit Blick auf den Stand der Pandemie gerne eingesetzt wird), meinte Kurz: „Ich habe vor zehn Jahren gesagt, ich sehe mich in zehn Jahren nicht mehr in der Politik. Mittlerweile habe ich aufgehört, Zehnjahres-Pläne zu machen. Das hat schon in der Geschichte nicht funktioniert.“ Fest stehe für ihn: „Solange ich das Gefühl habe, etwas Positives beitragen zu können, möchte ich das tun.“ 

Dass derzeit nicht gerade die positiven Schlagzeilen überwiegen (Stichwort: kleiner U-Ausschuss zur Impfstoffbeschaffungen, fragwürdige Chat-Nachrichten in Zusammenhang mit Postenvergaben sowie entsprechende Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft), kommentierte Kurz knapp: „Einiges, was da an die Öffentlichkeit gebracht wird, ist aus dem Zusammenhang gerissen.“ Es stimme zwar, dass er einige Dinge „heute anders handhaben“ würde. Denn freilich, „wenn man jeden Tag Hunderte von Entscheidungen trifft, macht man manches besser und manches schlechter“. Aber, wiederholte Kurz die Kritik, die jüngst zuhauf von ihm zu hören war: „Manchmal habe ich das Gefühl, dass jede Personalentscheidung, die von einer linken Partei gefällt wird, als Segen dargestellt wird, und wenn sie von der bürgerlichen Seite kommt, als Verbrechen.“ 

„Es muss sich definitiv viel ändern in Europa“ 

Dass gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), der als Vertrauter von Kurz gilt, ermittelt werde, beunruhigte Kurz nicht. Er sei sich sicher, dass diese eingestellt würden, betonte er. Mehr noch: „Ich glaube, dass sich alle bei ihm werden entschuldigen müssen, die ihm etwas unterstellt haben, um daraus politisches Kapital zu schlagen. (...) Gerade für Personen in der Öffentlichkeit sind unbegründete Anschuldigungen rufschädigend.“ 

Angesprochen auf die Impfungen gegen das Coronavirus und die damit verbundene Bürokratie meinte Kurz: „Es muss sich definitiv viel ändern in Europa. Wir haben in der letzten Zeit an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Unsere früheren Hauptabsatzmärkte werden immer mehr zu unseren Konkurrenten. Die EU funktioniert tatsächlich in einigen Bereichen viel zu bürokratisch“, forderte der Kanzler mehr Tempo ein. 

Die österreichische Strategie zur Pandemiebekämpfung - Lockdowns, Teil-Lockdowns/Regionalisierung, Impfen, Testen - verteidigte der Regierungschef: „Wir haben die erste Welle schnell und gut bewältigen können, die zweite hat uns aber sehr hart getroffen. Jetzt sind sieben von neun Bundesländern nicht im Lockdown. Meine Prognose, dass wir im Sommer zur Normalität zurückkehren würden, wird voraussichtlich punktgenau eintreffen.“ 

(hell)

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