Konjunktur

Gabriel Felbermayr: „Kurzarbeit sollte man in dieser Form beenden“

Gabriel Felbermayr
Gabriel Felbermayr(c) Michèle Pauty (Michèle Pauty)
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Der designierte Wifo-Chef will sich künftig aktiv in die heimische Wirtschaftspolitik einmischen. Mit der „Presse“ spricht er über die größten kurz- und langfristigen Herausforderungen.

»"Überall dort, wo die Konjunktur rasch wieder anzieht, wird sich das Thema Kurzarbeit ohnehin bald von selbst erledigen."«

Gabriel Felbermayr, designierter Wifo-Chef

Im Oktober wird Gabriel Felbermayr Christoph Badelt als Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO) nachfolgen. Die Entwicklungen in seinem Heimatland verfolgt der 44-Jährige Ökonom, der seit März 2019 das Kieler Institut für Weltwirtschaft leitet, freilich genau. Mit der „Presse“ hat er darüber gesprochen, wo er in Österreich die größten wirtschaftspolitischen Baustellen sieht.

„Dringenden Handlungsbedarf“ ortet er etwa am Arbeitsmarkt. Hier müsse an einigen Stellschrauben gedreht werden, um diesen aus der Krise heraus wieder anzukurbeln. Die Kurzarbeit hätte in der Krise zwar ihre Brückenfunktion erfüllt, mit den kommenden Öffnungsschritten sei es aber an der Zeit, diese auslaufen zu lassen.


„Die Kurzarbeit sollte man in dieser Form beenden. Überall dort, wo die Konjunktur schnell anzieht, wird sich das Thema aber ohnehin rasch von selbst erledigen. Sobald der Tourismus wieder durchstartet, wird man die verfügbaren Arbeitnehmer wieder brauchen.“ Zwar seien die Hoffnungen auf ein baldiges Anziehen des Tourismusturbos durchaus gerechtfertigt, im Städtetourismus ortet Felbermayr aber strukturelle Probleme, die eine rasche Erholung erschweren.

Arbeitslosengeld „neu denken“

Über die Gestaltung des Arbeitslosengeldes müsse man „völlig neu nachdenken“, so Felbermayr. Die Ersatzrate von aktuell 55 Prozent hält er für zu niedrig. Er plädiert für höhere Ersatzraten zu Beginn der Arbeitslosigkeit, längerfristig sollten sie aber sukzessive gesenkt werden, so der als wirtschaftsliberal geltende Ökonom. Als Beispiel könne man sich hier etwa an den skandinavischen Staaten orientieren, wo das Ersatzgeld im Verlauf der Arbeitslosigkeit schrittweise gesenkt wird. Daraus sollen Anreize entstehen, sich möglichst rasch nach einem neuen Job umzusehen. Gerade jetzt seien entsprechende staatlich geförderte Maßnahmen wichtig, um einer massiven Langzeitarbeitslosigkeit vorzubeugen.

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