Architektur

Die Ideen kommen mit dem Ort

"Derzeit sind ungewöhnliche Formen und Farben gefragt", sagt Sabine Plenk, Landschaftsarchitektin Boku Wien.
"Derzeit sind ungewöhnliche Formen und Farben gefragt", sagt Sabine Plenk, Landschaftsarchitektin Boku Wien.(c) Carolina Frank
  • Drucken

Blätterrascheln, Rosenduft, eine von der Sonne gewärmte Himbeere am Schwimmteich naschen oder auf der Terrasse chillen? Was einen Garten so wertvoll macht – und warum uns die gezähmte Natur seit Jahrhunderten in immer neuen Trends so fasziniert. Drei Expertinnen im Gespräch.

»„Ein Garten spricht alle Sinne an. Beim Garteln erlebt man seine Wirksamkeit.«

Birgit Steininger, Andrea Zauner-Dungl

Schneeglöckchenmessen in Großbritannien, Leberblümchenhype in Japan, Biobaumschulen in Österreich: Das Garteln boomt weltweit. „Wir sind extrem gefragt“, erzählt Landschaftsarchitektin Maria Auböck vom Atelier Auböck + Kárász in Wien, und meint damit ihre gesamte Branche. Auch Sabine Plenk, Expertin für Pflanzenverwendung an der Boku Wien, sieht ein stetig wachsendes Interesse „in der ganzen Vielfalt vom Rosengarten über alte Obstsorten, Küchenkräuter und Wildpflanzen bis zur exotischen Bananenstaude“. Was ist nur dran an diesem Stück Land, dass es seit jeher, und in Krisenzeiten besonders, so viel Nachfrage erfährt? „Es ist lebendig“, sagt Birgit Steininger, die gemeinsam mit Andrea Zauner-Dungl den Lehrgang Gartentherapie leitet. „Und es spricht all unsere Sinne an. Das kommt sonst oft viel zu kurz.“ Denn, ob wir tatsächlich aus dem Garten Eden stammen und einst ins Paradies im Himmel eingehen werden, egal – fix ist: Dazwischen verbringen wir viel Zeit auf der Erde. Und das meist in geschlossenen Räumen, die uns und unseren Besitz vor Wind und Wetter und sonstigem Unbill bewahren. '

Aber eben auch fernhalten von dem, was uns außer Schutz noch guttut: Frische Luft um die Nase, Sonne auf der Haut, natürliche Anregung unserer Sinne. „Unterschiedliche Düfte und Gerüche, Geräusche wie Wind, Wasser oder Vogelgezwitscher, das Fühlen von Gras unter den Füßen. Alles ist lebendig, hat seine eigene Energie, seine eigene Entwicklung. Ein Garten bietet Erholung und Anregung in einem“, sagt Andrea Zauner-Dungl. „Alles ist bei uns auf kognitive Leistung ausgelegt. Doch im Garten, vor allem bei einer Beschäftigung, kann das Denken quasi Pause machen.“ Man macht etwas Handwerkliches, konzentriert sich darauf, erdet sich und kann andere Gedanken komplett loslassen. Dazu kommt die Tätigkeit an sich: Feinmotorik und Grobmotorik wird geschult, was im Gehirn zur Knüpfung oder Stärkung der Synapsen führt, man bewegt sich – beides führt zu Ausschüttung von Botenstoffen. Und seit Neuestem ist auch bekannt, dass Pflanzen Stoffe aussenden, die wir gar nicht bewusst wahrnehmen, uns aber dennoch guttun. Was Sensible fühlen, haben Forscher jüngst penibel nachgemessen, und ja: Schon wenige Minuten im Grünen bringen Herzschlag, Blutdruck und andere Parameter zumindest näher in den, nicht von ungefähr sogenannten, „grünen Bereich“.

Landschaftsarchitektin Maria Auböck.
Landschaftsarchitektin Maria Auböck.(c) Carolina Frank

Sinnliche Erfahrung. Doch das ist nur ein Aspekt. „Wenn man gartelt, baut man eine Beziehung zu den Pflanzen auf, man versorgt sie und sieht die Auswirkungen seines Handelns unmittelbar. Man erlebt seine Wirksamkeit“, sagt Steininger, die die Idee der Gartentherapie vor rund zwanzig Jahren aus Amerika mitgebracht und in Österreich etabliert hat. „Will man Obst oder Gemüse ernten, geht das noch einen Schritt weiter: Man schafft etwas, das vorher nicht da gewesen ist.“
Ein Garten ist lebendig, verändert sich – man geht ja bekanntlich nie zweimal in denselben Garten. „Viele Menschen wissen nicht, dass die Anlage eines Gartens viel Vorausschau braucht“, sagt Auböck. „Man muss wissen, wie sich ein Gehölz entwickelt, wie langlebig die Kräuter und Blumen sind, wie sie in den verschiedenen Jahreszeiten aussehen.“ Das alles bestimme die Anlage genauso wie Gelände oder Bauten.
Zudem kann sich jeder auch den kleinsten Garten so gestalten, wie er möchte. Sich prächtigen Farben hingeben oder himmlischen Düften, einen Naschgarten für die Kinder pflanzen oder mit den Teenies gemeinsam einen Grillplatz bauen. Zier-, Nutz-, Kunst- oder Spielgarten – oder von allem ein bisschen – alles ist möglich. Steininger: „Etwas nach eigenem Belieben zu gestalten, ist ja nicht jedermanns Sache. Malen, Tischlern, Nähen oder Bildhauern kann nicht jeder. Aber eine Blume pflanzen und pflegen schon.“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Spa-Skulptur. Aus Rauriser Quarzit gebaut von den Smartvoll-Architekten.
Durchblättern

„Presse“-Magazin: Luxury Estate

Seitenweise Luxus: Penthouses, See-Residenzen, Berg-Paradiese - in der neuen Ausgabe von „Luxury Estate“ sehen wir uns spektakuläre Bauten an, entdecken neue Grätzel und inspirierende Interiors. 188 Seiten.
Spa-Skulptur. Aus Rauriser Quarzit gebaut von den Smartvoll-Architekten.
Wasser & Architektur

Schöner Schwimmen im privaten Wellnesstempel

Von asiatisch-reduziert bis natürlich in Stein: Drei Wasserwelten zum Kraulen und Knotzen, Saunieren und Sitzen, Entspannen und Erholen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.