Steuerreform

Blümel zu Klimaschutzgesetz: "Das ist noch nicht fertig"

Eine ökosoziale Steuerreform sei aber eines der großen Vorhaben der Bundesregierung, so Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).
Eine ökosoziale Steuerreform sei aber eines der großen Vorhaben der Bundesregierung, so Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).APA/ROLAND SCHLAGER
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Eine Arbeitsgemeinschaft erarbeite derzeit ein konkretes Modell, mit dem die Vorgaben der Europäischen Union (EU) zur Reduktion des CO2-Ausstoßes umgesetzt werden soll. Forderungen sowie Kritik gibt es schon im Vorfeld.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat sich rund um das geplante Klimaschutzgesetz mit angedachten automatischen Steuererhöhungen etwa bei der Mineralölsteuer (MöSt) zurückhaltend geäußert. "Die diesbezügliche Arge (Arbeitsgemeinschaft, Anm.) arbeitet noch an einem konkreten Modell. Das ist noch nicht fertig", sagte Blümel am Rande der BMF-Veranstaltungsreihe "Finanz im Dialog" am Donnerstag. Eine ökosoziale Steuerreform sei aber eines der großen Vorhaben der Bundesregierung.

Die Arbeitsgruppe verfolge das Ziel, Vorgaben der Europäischen Union (EU) zur Reduktion des CO2-Ausstoßes umzusetzen. Was dabei der beste Weg sei - Zertifikatehandel, Steuern - das sei "in den nächsten Monaten Verhandlungsgegenstand".

Kritik von vielen Seiten

Ein Entwurf des geplanten Klimaschutzgesetzes aus dem Umweltministerium von Leonore Gewessler (Grüne) sieht unter anderem automatische Steuererhöhungen vor, sollte der CO2-Ausstoß von den gesteckten Klimazielen abweichen. Es solle verhindert werden, dass Klimaziele wieder wie in der Vergangenheit verfehlt werden, sagte Gewessler am Sonntag in der "Pressestunde". Seither laufen vor allem Autofahrerclubs, Arbeiterkammer, Automobilimporteure und FPÖ - wenn auch aus teils unterschiedlichen Gründen - Sturm dagegen, dass dadurch etwa die MöSt automatisch steigen könnte.

Forderungen von NGO und Forschern

Anders sehen das naturgemäß Umweltschutzorganisationen wie Global 2000: Im neu geplanten Gesetz sollten konkrete Maßnahmen, Notfallanker und rechtliche Kontrolle gesetzlich festgeschrieben werden, wurde am Donnerstag gefordert. Bisher habe man „zu zahnlos“ agiert. Klimawissenschafter Gottfried Kirchengast wünschte sich im Online-Pressegespräch, dass "die Ära des Nichtstuns" beendet wird.

"Ein wirksames Klimaschutzgesetz ist die Chance für Österreich aus einer Nachzüglerrolle in eine Vorreiterrolle zu kommen", hielt Johannes Wahlmüller angesichts der aktuellen Diskussion um das von ÖVP und Grünen geplante neue Gesetz fest. Das bisherige habe nicht geholfen, die Klimaschutzziele zu erreichen, vielmehr seien die schädlichen Emissionen in Österreich sogar gestiegen, obwohl sie im EU-Durchschnitt gesunken sind, wie Wahlmüller betonte. Als große Schwachstelle habe sich herausgestellt, dass auch bei Zielverfehlung keine automatisch wirksamen Maßnahmen vorgesehen sind. "Das dürfen wir nicht noch einmal versemmeln", warnte der Global-2000-Klimasprecher.

Zuspruch für Steuermechanismus

Den von der Bundesregierung angedachten automatischen Steuermechanismus befürwortete er. "Es braucht einen Notfallanker, der dann greift, wenn die Reduktionspfade nicht eingehalten werden", betonte Wahlmüller. Ähnlich wie im Schweizer CO2-Gesetz sollte demnach auch in Österreich ein CO2-Preissignal eingeführt werden, das stärker steigt, wenn sich die Emissions-Entwicklung von den Zielen entfernt. Diese Lenkungsabgabe sollte als Direkttransfer wiederum an einkommensschwache Haushalte rückvergütet werden. Als andere Maßnahme führte er Tempolimits an: "Minus zehn km/h bringt viel, kostet dem Fahrer aber kaum einen Zeitverlust", argumentierte der Global-2000-Experte.

Wichtig wäre es laut Wahlmüller auch, im neuen Gesetz ein verbindliches Ablaufdatum für die Verwendung fossiler Energieträger zu definieren. Spätestens ab 2040 sollen Öl, Gas und Kohle nicht mehr eingesetzt werden", betonte der Klimasprecher. Um die von der Bundesregierung festgelegte Klimaneutralität 2040 erreichen zu können, sei eine Reduktion der Treibhausgas-Emissionen um mindestens 95 Prozent erforderlich - was spätestens bis dahin einen Ausstieg aus fossilen Energieträgern bedeute. "Dafür ist es sinnvoll, im Gesetz das Ziel Klimaneutralität fix zu verankern und ein verbindliches Ablaufdatum für die Verwendung fossiler Energieträger zu definieren", hielt Wahlmüller weiters fest.

Jedenfalls müsse im neuen Gesetz gewährleistet sein, dass die Einhaltung der gesetzlichen Klimaschutzbestimmungen durchgesetzt werden kann: "Bisher gab es keine Möglichkeit der NGO einen Sofortmechanismus einzufordern. Die Praxis braucht die Kontrolle der Zivilgesellschaft und der Umwelt-NGO", forderte Priska Lueger, Umweltjuristin von Ökobüro. Zudem müssten Bund und Länder verpflichtet werden, gemeinsam verbindliche Ziele und Pläne zu erarbeiten und deren Einhaltung ebenfalls rechtlich einforderbar sein. Aktuell würden auch Vereinbarungen zwischen den Gebietskörperschaften zur Verantwortlichkeit fehlen. Im neuen Gesetz müsste daher auch klar geregelt werden, wer für welche Aufgaben zuständig ist.

„Ära des Nichtstuns“ beenden

Der Grazer Klimawissenschafter Gottfried Kirchengast wünschte dringend, "dass die Ära des Nichtstuns" beendet wird. "Es bietet sich jetzt die Chance, es in Zukunft besser zu machen", es dürfe jetzt nichts "verwässert werden, schon gar nicht beim verbindlichen Treibhausgasbudget", wie Kirchengast sagte. Der Experte vom Wegener Center der Universität Graz ist auch Vertreter der Wissenschaft im Nationalen Klimaschutzkomitee. Am Wegener Center hat er ein Carbon-Management-Konzept entwickelt, das Institutionen, Einzelpersonen, Gebietskörperschaften oder auch Staaten auf ihrem Weg zur Erreichung ihres angemessenen Beitrags zu den Pariser Klimazielen unterstützen soll.

Erprobt wird es bereits in der Praxis an der Universität Graz: "Beginnend mit 2020 haben wir die Implementierung des Institutional Carbon Management (ICM) im eigenen Haus gestartet", berichtete Kirchengast. Bis zum Jahr 2030 will die Uni ihre Emissionen bereits um zwei Drittel reduziert haben, um bis 2040 echte Klimaneutralität zu erreichen, die nach dem ICM-Standard mindestens 90 Prozent Emissionsabbau erfordert.

(APA)

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