Medienethik

Gratiszeitung "Heute" tritt Presserat bei

"Heute"-Chefredakteur Christian Nusser.
"Heute"-Chefredakteur Christian Nusser.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Zeitung will sich vom Mitbewerb deutlich abheben. Chefredakteur Christian Nusser sieht im Beitritt zum Presserat die "logische Konsequenz unserer Qualitätsoffensive".

Schon seit längerer Zeit bemüht sich die Gratis-Tageszeitung "Heute“, einen Unterschied zwischen Boulevard und „Boulevard mit Qualität“ aufzuzeigen. Hier hat man nun einen sichtbaren Schritt gemacht: Die Zeitung und die dazugehörige Onlineseite heute.at treten mit 1. Mai dem Österreichischen Presserat bei. Damit erkennen sie die Schiedsgerichtsbarkeit des Selbstkontrollorgans im Pressebereich an.

„Es geht uns nicht nur um die Erzielung von Quote oder um Auflage um jeden Preis, sondern um einen Mix aus seriöser Information und gehaltvoller Unterhaltung. Die Berichterstattung nach dem Terroranschlag vom 2. November 2020 in Wien hat vielen die Unterschiede zwischen "Heute" und Heute.at sowie den Mitbewerbern vor Augen geführt“, schreibt "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand. Man wolle mit dem Beitritt „der redaktionellen Qualitätssicherung noch mehr Bedeutung zukommen lassen".

Chefredakteur Christian Nusser sieht im Beitritt die "logische Konsequenz unserer Qualitätsoffensive". Diese sei vor einigen Jahren gestartet worden und habe zum Ziel, "Boulevard mit Herz und Hirn" zu machen. Damit wolle man sich vom Mitbewerb (nicht genannt, aber wohl gemeint: Die Mediengruppe „Österreich") "deutlich abheben".

Stärkung der Medienethik in Österreich

"Mit dem langjährigen Verband der Regionalmedien-Mitglied (VRM) 'Heute' gewinnt der Presserat einen weiteren wichtigen Teilnehmer", freute sich Dieter Henrich, Präsident des Presserats. Presserat-Geschäftsführer Alexander Warzilek: "Dass sich die am meisten verbreitete Tageszeitung Wiens und das dazugehörige Online-Portal - beides relevante Informationsquellen für die gesamte Ostregion - entschlossen haben, unseren Ehrenkodex anzuerkennen, stärkt die Medienethik in Österreich", so der Presserat-Geschäftsführer.

Warzilek ist übrigens vom Beitritt von "Heute" nicht überrascht: "Wir pflegen über Ombudspersonen schon länger gute Kontakte zu den Redaktionen von 'Heute'. Auch hatte ich den Eindruck, dass es den Redaktionen durchaus wichtig war, mit uns zu kooperieren", sagte er. Der Beitritt sei ein wichtiges Signal, so Warzilek.

Wo sind die Hebel?

Die (rechtlichen) Auswirkungen durch den Beitritt sind überschaubar. Denn Medien, die die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats anerkennen, müssen nur im Falle eines Beschwerdeverfahrens eine allfällige Entscheidung des Presserats abdrucken. "Ein Gericht könnte exekutieren, dass die Entscheidung abgedruckt wird", erklärte Warzilek. Für ein Beschwerdeverfahren muss sich jemand an den Presserat wenden, der von der Berichterstattung eines Mediums direkt betroffen ist. Das komme jedoch selten vor, so Warzilek.

Den Großteil der Verfahren machen selbstständige Verfahren aus. Dabei kann sich jeder an den Presserat wenden - etwa Leser und Leserinnen eines Beitrags. Im Falle einer Rüge werden die betroffenen Medien dazu aufgerufen, freiwillig über die Entscheidung zu berichten. Auch die Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit des Presserat ändert an dem Umstand, dass eine Veröffentlichung der Entscheidung nur freiwillig geschehen muss, nichts. Laut Warzilek passiert es "eher selten", dass Medien den Aufrufen der Senate folgen. Die "Oberösterreichischen Nachrichten" hätten dies jedoch zuletzt "sehr konsequent" gemacht, lobte der Presserat-Geschäftsführer.

Warzilek würde sich freuen, wenn "Heute" allgemein häufiger über den Presserat und dessen Entscheidungen berichten würde. "Es ist entscheidend, dass wir in Kontakt mit der Leserschaft treten. Leser und Leserinnen müssen wissen, dass es uns gibt", so Warzilek. Wenn mehr Leser mit der Institution vertraut sind, würde auch die Anzahl der behandelten Fälle steigen. Ersichtlich sei das am Beispiel der Tageszeitung "Der Standard". Diese betrafen im Jahr 2020 52 Fälle - keiner davon wurde als Verstoß gewertet. Die hohe Fallzahl sei darauf zurückzuführen, dass "Der Standard" regelmäßig die Entscheidungen des Presserats veröffentliche, meinte Warzilek.

"Heute" verstieß im Vorjahr dreimal auf geringfügige Weise gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse. Auch 2019 rügte der Presserat die Tageszeitung dreimal. 2018 kam "Heute" auf zwei Verstöße. Zum Vergleich: "Österreich" bzw. oe24.at verstieß im Vorjahr 17 Mal - und damit am häufigsten - gegen den Ehrenkodex. Die "Kronen Zeitung" wurde elfmal gerügt, wobei sie die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats nicht anerkennt.

(red/APA)

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