Geheimnisse unterm Sessel

Der Historiker Daniel Lee rekonstruiert das Leben eines „gewöhnlichen Nazis“.

Die Geschichte eines ganz normalen Täters“: Der Untertitel der Untersuchung des britischen Historikers Daniel Lee wirft die Frage nach dem oder den „Bösen“ auf, denn nach wie vor nicht gänzlich geklärt ist die Rolle der niedrigeren NS-Funktionäre ab den 1930er-Jahren auf dem Weg in den Holocaust. Die durch Lee rekonstruierte Geschichte eines deutschen Juristen namens Robert Griesinger bietet eine Möglichkeit zu eruieren, wie und warum ein Regime wie das nationalsozialistische möglich wurde. Zahlreiche Helfer am Schreibtisch führten Buch, gaben Befehle weiter – hielten die Vernichtungsmaschinerie aufrecht. Wenngleich sie niemanden töteten, machten sie sich moralisch schuldig. Wer waren also diese Helfer?

Ausgerechnet auf einer Dinnerparty erfuhr der Brite Lee im Jahr 2011 von einer Holländerin, dass in den Lehnstuhl ihrer tschechischen Mutter Dokumente eines deutschen SS-Mannes, der während des Kriegs in Prag tätig gewesen war, eingenäht waren. Lee machte sich auf die Spurensuche. Über fünf Jahre lang trug er Informationen zusammen, und das sind die Fakten: Dr. Robert Arnold Griesinger wurde 1906 in Stuttgart geboren, studierte Jus, war Mitglied einer schlagenden Verbindung, trat bereits 1933 in die SS ein, drang 1941 mit seiner SS-Division bis an die sowjetische Grenze vor und arbeitete nach seinem Dienst bei der Gestapo ab 1943 als Beamter in Prag; er starb im Frühjahr 1945 ebenda.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.