In ihrem Bestseller „Unorthodox" und der gleichnamigen Netflix-Serie hat Deborah Feldman über ihr Leben und Leiden in einer ultraorthodoxen jüdischen Gemeinschaft berichtet. Ihr gelang es, zu fliehen. Ein Gespräch über Mut, ewige Debatten und Anfeindung aus den eigenen Reihen.
Sie haben unter schwierigsten Bedingungen mit Ihrem kleinen Sohn Ihre chassidische Glaubensgemeinschaft verlassen, weil Sie sich so unterdrückt und gedemütigt fühlten. Heute leben Sie beide in Berlin. Viele bezeichnen Sie als mutig. Aber dieses Wort „mutig“ hassen Sie. Warum?
Deborah Feldman: Wenn das Wort „mutig“ fällt, finde ich das verdächtig. Ich unterstelle Menschen, die dieses Wort zu schnell verwenden, falsche Absichten. Einer der Gründe, weshalb wir Geschichten wie meine als mutig hervorheben, ist, weil wir sie gern als Einzelfall sehen wollen, als ein individuelles Schicksal. Sobald es das vieler wird, verlieren wir unsere Barmherzigkeit.