Wird E-Geld aus dem Schlaf geweckt?

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Nachdem sich die bisherigen Regelungen als wirkungslos erwiesen haben, gibt es beim elektronischen Geld einen neuen Anlauf. Ziel sind sichere und innovative Dienstleistungen.

WIEN. Bisher befand sich der Markt für elektronisches Geld im Dornröschenschlaf. Das dürfte sich nun ändern. Denn das Finanzministerium hat kürzlich den Entwurf eines neuen E-Geldgesetzes vorgelegt.

Bereits im April 2002 war – basierend auf einer europäischen Richtlinie – mit dem E-Geldgesetz ein eigener rechtlicher Rahmen für die Ausgabe von elektronischem Geld geschaffen worden. Damit sollten elektronische Zahlungssysteme forciert werden. Nach kurzer Zeit zeigte sich jedoch die weitgehende Wirkungslosigkeit dieser Regelung. In Österreich existiert bisher kein einziges derartiges Institut. Elektronisches Geld wird auch europaweit vorwiegend von Geschäftsbanken ausgegeben. Gründe dafür gibt es einige: So ist derzeit das Anfangskapital für E-Geldinstitute zu hoch, und es werden ihnen kaum Nebentätigkeiten erlaubt. Außerdem bestehen große Unsicherheiten, welche Produkte als elektronisches Geld anzusehen sind. Die Europäische Kommission legte daher 2008 einen Vorschlag zur Neuregelung der Ausgabe von E-Geld vor, der am 16.September 2009angenommen wurde. Die Richtlinie (2009/110/EG) soll innovative und sichere E-Geld-Dienstleistungen ermöglichen. Neuen Akteuren soll ein Marktzugang verschafft werden. Verbraucher und Unternehmer sollen schließlich vom „Gesetzesrelaunch“ dadurch profitieren, dass elektronische Zahlungen schneller und bequemer gemacht werden. Die Richtlinie ist bis 30.April 2011 in Österreich umzusetzen.

Was ist elektronisches Geld?

E-Geld ist jeder elektronisch gespeicherte monetäre Wert, den jemand gegen Zahlung eines Geldbetrags ausstellt, um damit Zahlungsvorgänge durchzuführen. Umfasst sind daher im Vorhinein bezahlte Zahlungsprodukte. Entscheidend für die Qualifikation als elektronisches Geld ist, dass der ausgegebene Wert auch von Dritten angenommen wird. Beispiele sind elektronische Geldbörsen, z.B. die Quick-Funktion auf Bankomatkarten, oder etwa in Trafiken erhältliche Prepaid-Karten, mit denen man im Internet einkaufen kann.

Geldwerte, die nur für den Erwerb innerhalb eines begrenzten Netzes von Dienstleistern gelten oder mit denen nur eine begrenzte Auswahl von Waren oder Dienstleistungen erworben werden können, zählen nicht dazu. Dies gilt beispielsweise für Fußballklubkarten, mit denen man Tickets für ein Fußballmatch zahlen kann, oder Transportkarten, wenn diese nur zum Erwerb von Fahrscheinen verwendet werden dürfen. Offen bleibt leider, inwieweit von Mobilfunkbetreibern ausgegebene Prepaid-Karten für Handys als elektronisches Geld zu werten sind. Gerade innovative Bezahlmöglichkeiten über mobile Endgeräte könnten aber den digitalen Zahlungsmarkt beleben. Rechtssicherheit ist dafür eine Grundvoraussetzung, weshalb die Vertreter der Wirtschaft entsprechende gesetzliche Klarstellungen verlangen.

Konzession der FMA nötig

E-Geldinstitute gelten bisher als Sonderbanken. Künftig sollen sie als bloße Finanzinstitute ausgestaltet sein. Sie benötigen eine Konzession der Finanzmarktaufsicht (FMA), werden aber geringeren aufsichtsrechtlichen Anforderungen unterliegen als Banken. Ihr Kerngeschäft ist die Ausgabe von elektronischem Geld. Sie dürfen zudem Zahlungsdienste erbringen und sind berechtigt, Kredite zu vergeben, sofern sie nicht aus den für die Ausgabe von E-Geld entgegengenommenen Beträgen gewährt werden. Das Anfangskapital wird von einer Million Euro auf 300.000Euro reduziert. Geschäftsbanken bleiben weiterhin berechtigt, ohne spezielle Konzession E-Geld auszugeben.

Es wäre wünschenswert, wenn das neue E-Geldregime zu einer Marktöffnung führen würde. Die Nachfrage sowohl von Händlern und Dienstleistern als auch von Endkunden nach einfachen und bequemen Bezahlmethoden, vor allem für Klein- und Kleinstbeträge bis zirka zehn Euro, steigt nämlich stetig. Elektronisches Geld eignet sich für derartige „Micropayments“ ideal. Damit können zum Beispiel Video-, Musik- oder E-Book-Downloads im Internet sowie der Bezug von Dienstleistungen, etwa Apps, für mobile Endgeräte sehr einfach bezahlt werden. Herkömmliche Zahlungsmethoden, die eine zeitintensive Dateneingabe von Konto- oder Kreditkarteninformationen für den Erwerb von Artikeln mit einstelligem Euro-Betrag erfordern, sind für Käufer hingegen wenig attraktiv.

Zweifel am Innovationsschub

Es bleiben jedoch Zweifel, dass das neue E-Geldgesetz den erhofften Innovationsschub bewirken kann, da es sich eng am Zahlungsdienstegesetz orientiert. Strukturänderungen hat bereits Letzteres nicht gebracht. Knapp ein Jahr nach dessen Inkrafttreten existiert kein einziges Zahlungsinstitut in Österreich.

Für Endkunden bringt die Neuregelung aber durchaus Positives. So wird ausdrücklich festgelegt, dass ein Emittent E-Geld auf Verlangen jederzeit zum Nennwert zurücktauschen muss, wofür er nur unter bestimmten Voraussetzungen ein Entgelt verlangen darf.

Dr. Bernd Fletzberger ist Partner bei Proksch & Fritzsche Frank Fletzberger Rechtsanwälte OG.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2010)

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