Coronavirus

Kinder gegen Covid impfen: Biontech/Pfizer hat die Nase vorne

Jüngere Menschen haben derzeit noch keine Chance auf eine Impfung, aber die Pharmakonzerne wollen bald ihre Zulassungen erweiteren.
Jüngere Menschen haben derzeit noch keine Chance auf eine Impfung, aber die Pharmakonzerne wollen bald ihre Zulassungen erweiteren.REUTERS
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Noch ist kein Impfstoff gegen das Coronavirus für Menschen unter 16 Jahren zugelassen. Biontech/Pfizer hat bei der EMA nun die Zulassung für Über-12-Jährige eingereicht. Aber auch andere Impfstoffhersteller forschen an der richtigen Dosis für Jüngere.

Was schon seit Tagen erwartet wurde, ist am Freitag nun offiziell geworden. Das deutsche Pharmaunternehmen Biontech hat nun auch bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA einen Antrag auf Zulassung seines Impfstoffs für Kinder ab zwölf Jahren gestellt. Dabei gehe es um die Anpassung und Erweiterung der bestehenden Zulassung auf diese Altersgruppe, teilten Biontech und sein US-Partner Pfizer am Freitag mit.

Bislang ist noch keine Impfung für Unter-16-Jährige zugelassen. Umso größer war diese Woche das Medienecho auf die Ankündigung von Biontech-Gründer Ugur Sahin, dass der mit Pfizer hergestellte Corona-Impfstoff in den USA für Zwölf- bis 15-Jährige bereits zur bedingten Zulassung eingereicht wurde - und nun auch in der EU.

Für die Prüfung von Zulassungsanträgen für Corona-Impfstoffe braucht die EMA in der Regel wenige Wochen. Das heißt, dass die EU-Zulassung im günstigen Fall bei einer Bearbeitungsdauer von vier bis sechs Wochen Anfang bis Mitte Juni erfolgen könnte. Anschließend könnte es mit den Impfungen der Zwölf- bis 15-Jährigen losgehen, sofern ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht. Mit Blick auf das kommende Schuljahr und die angestrebte Erweiterung der geimpften Bevölkerungsgruppen mit dem Ziel einer Herdenimmunität wäre dies ein wichtiger Schritt.

Freude über die den Antrag bei der EMA war auch aus der Bundesregierung zu vernehmen. „Eine Zulassung noch im Sommer würde einen sicheren Schulstart im Herbst erleichtern. Ausreichend Impfstoff, um alle ab zwölf Jahre im Sommer zu impfen, ist jedenfalls vorhanden“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). "Wir bereiten uns bereits darauf vor, dass wir in Österreich, sobald eine Verwendung durch die EMA zugelassen ist, auch den rund 340.000 zwölf- bis 15-jährigen Kindern und Jugendlichen ein Impfangebot machen werden können“, hieß es vonseiten des Gesundheitsministers Wolfgang Mückstein (Die Grünen).

Gefahr von Long-Covid auch bei Kindern

Welche Rolle Kinder bei der Verbreitung von Covid-19 spielen und inwieweit diese selbst von der Krankheit betroffen sind oder das Virus an andere weitergeben können, war lange Zeit äußerst umstritten. Doch im Laufe der Pandemie wurde immer klarer, dass Kinder sehr wohl eine Rolle beim Infektionsgeschehen spielen. Der Präsident des deutschen Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, warnte etwa diese Woche erneut davor, Corona-Infektionen bei Kindern zu unterschätzen. Auch wenn es bei infizierten Kindern meist weniger schwere Krankheitsverläufe gebe, zeigten Studien, dass auch hier sogenannte Long-Covid-Symptome auftreten könnten. Dazu gehörten Atem-, Konzentrations- und Erschöpfungsprobleme, sagt Wieler.

Der Vorsitzende der deutschen Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, schätzt angesichts der Meldungen von Biontech die Aussichten einer Corona-Impfung für ältere Kinder und Jugendliche schon ab September optimistisch ein. "Für Kinder ab zwölf Jahren halte ich das für möglich", sagt Mertens der "Rheinischen Post". Für jüngere Kinder könne das aber zu knapp sein, schränkte Mertens ein. Gesundheitsminister Jens Spahn hatte am Donnerstag gesagt, er rechne damit, dass spätestens in den Sommerferien Impfungen für über Zwölfjährige möglich sein werden.

Tests bei Kleinkindern laufen ebenfalls an

Das Mainzer Unternehmen Biontech und der US-Konzern Pfizer testen ihr Vakzin mittlerweile bereits bei Kindern ab dem sechsten Lebensmonat bis zum elften Lebensjahr, im März wurden die ersten Kinder in dieser Studie geimpft. "Im Juli könnten erste Ergebnisse für die Fünf- bis Zwölfjährigen, im September für die jüngeren Kinder vorliegen, die Auswertung dauert etwa vier bis sechs Wochen", sagte Sahin. "Wenn alles gut geht, können wir, sobald die Daten ausgewertet sind, in verschiedenen Ländern den Antrag auf Zulassung des Impfstoffs für alle Kinder der jeweiligen Altersgruppe einreichen."

Ende März hatten Biontech und Pfizer bereits von sehr hohen Antikörperantworten aus der Zulassungsstudie bei Zwölf- bis 15-Jährigen berichtet. Der Impfstoff sei gut vertragen worden und habe eine Wirksamkeit von 100 Prozent gegen Covid-19 geboten. Pfizer-Chef Albert Bourla hatte die Hoffnung geäußert, vor Beginn des nächsten Schuljahres mit dem Impfen dieser Altersgruppe beginnen zu können.

Auch die Konkurrenz forscht weiter

Doch der Impfstoff von Biontech/Pfizer ist nicht der einzige Impfstoff, der bereits an Jugendlichen und Kindern getestet wird. Auch die in der EU für Erwachsene zugelassenen Vakzine von Moderna, AstraZeneca und Johnson & Johnson haben bereits Testphasen gestartet oder angekündigt.

Dr. Steve Plimpton, der die Tests beim US-Konzen Moderna leitet, sagte dem US-Sender ABC, die größte Sorge bei Covid sei, dass Kinder unwissend andere Menschen anstecken könnten. „Wir werden also auch jene schützen, die im Umfeld der Kinder sind, die Lehrer, die Eltern zu Hause, die Großeltern“, erklärt Plimpton. In der ersten Phase der Moderna-Studie bekommen alle Kinder und Jugendlichen ihre zweite Teilimpfung vier Wochen nach der ersten, bei Pfizer ist das schon nach drei Wochen der Fall.

Fragezeichen stehen unterdessen noch hinter den Studien von AstraZeneca und Johnson & Johnson. Die Universität in Oxford, die den Vektorimpfstoff mit dem Pharmakonzern AstraZeneca entwickelt hat, hat ihre im Februar begonnen Studie an jüngeren Testpersonen vorerst pausiert, nachdem mehrere Fälle von Thrombosen vor allem bei jüngeren Frauen für Aufsehen gesorgt haben. Auch Johnson & Johnson, wo ähnliche seltene Nebenwirkungen auftraten, hat den Beginn seiner Studien an Kindern und Jugendlichen aufgeschoben. Man wolle hier weitere Informationen über die Kausalität der Nebenwirkungen abwarten.

Die Verzögerungen bei AstraZeneca könnten auch die Pläne der britischen Regierung zurückwerfen, schon im August mit der Immunisierung von Kindern zu beginnen - um Monate früher als erwartet.

Welche Dosis erzielt die beste Wirkung?

Bei den Studien über die Wirkung einer Impfung geht es vor allem um die Dosierung. Denn Kinder sind nicht einfach kleinere Erwachsene, die einfach weniger Impfstoff brauchen. Das Immunsystem von Kindern sei voller Zellen, die noch nie einen Krankheitserreger gesehen hätten, erklärte Donna Farber, Immunologin an der Columbia Universität in New York dem Magazin „Nature“. Sie würden also tendenziell stärker auf Impfungen reagieren. Die Impfstoffhersteller sind folglich auf der Suche nach der richtigen Balance, wie viel Impfstoff Kinder gut vertragen und wie viel sie aber auch brauchen, um ausreichend geschützt zu sein.

Positive Signale für einen Impfstoff für Kinder gibt es auch vom österreichisch-französischen Konzern Valneva. Das Vakzin VLA2001 ist noch nicht in der EU zugelassen. Es handelt sich hierbei um einen Totimpfsoff, wie er in vielen anderen Impfungen, zum Beispiel gegen Polio, im Einsatz ist. Das Unternehmen geht davon aus, dass der Impfstoff daher auch für den breiten Einsatz in allen Bevölkerungsgruppen geeignet sei, hieß es in einem Statement von Valneva. Aber auch VLA2001 muss für eine Zulassung auch die notwendigen Studien an jüngeren Altersgruppen durchlaufen.

Derzeit kommt der Impfstoff in den Tests noch nicht an Unter-18-Jährigen oder Schwangeren zum Einsatz. Valneva ziele bei der Entwicklung aber darauf ab, diese Population frühzeitig miteinzubeziehen. Ob das schon zur erhofften Zulassung Ende des Jahres möglich sei, sei aber noch unklar.

(APA/Reuters/klepa)

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