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Maurer zu Bluttat in Wien: "Jede getötete Frau ist eine zu viel"

PK BUNDESREGIERUNG 'NEUAUFSTELLUNG DES VERFASSUNGSSCHUTZES IN OeSTERREICH': MAURER
PK BUNDESREGIERUNG 'NEUAUFSTELLUNG DES VERFASSUNGSSCHUTZES IN OeSTERREICH': MAURERAPA/HELMUT FOHRINGER
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Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer zufolge sei es „unerheblich, dass es sich beim Täter offenbar um den Bierwirt handelt.“ In der Politik herrscht Betroffenheit, Verkehrsministerin Gewessler rang bei einer Pressekonferenz sichtlich mit den Tränen.

Angesichts des schon neunten Frauenmordes in diesem Jahr in Österreich zeigten sich eine Reihe von Politikerinnen betroffen von der Tat. Auch die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer meldete sich auf Twitter zu Wort. Mittlerweile mehren sich die Hinweise, dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter um den „Bierwirt“ handeln soll, der Maurer verklagt hatte, nachdem sie an sie gerichtete obszöne Nachrichten ihm unterstellt hatte.

"Dass es sich beim Täter offenbar um den Bierwirt handelt, schockiert mich persönlich, ist in der Sache aber unerheblich", meinte die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer auf Twitter. Unter Verweis auf die mittlerweile neunte Frau, die im laufenden Jahr von ihrem Ex-Partner getötet wurde, hielt Maurer fest: "Jede getötete Frau ist eine zu viel. Jede verletzte Frau ist eine zu viel."

"Der Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt ist der gesamten Bundesregierung ein wichtiges Anliegen", sagte dazu Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP). Selbstverständlich sei der Gewaltschutz aber auch ein ganz zentraler Schwerpunkt in der Frauenpolitik. "Daher fließt ein großer Teil des Frauenbudgets in Gewaltschutz-Maßnahmen, wie beispielsweise in die Finanzierung von Gewaltschutzzentren oder Frauenberatungsstellen als erste Anlaufstelle für betroffene Frauen und Mädchen. Zudem haben wir letztes Jahr auch 3,25 Millionen Euro für Gewaltschutzprojekte in ganz Österreich zur Verfügung gestellt."

Nächten Donnerstag will Raab gemeinsam mit Innenminister Karl Nehammer einen Sicherheeitsgipfel veranstalten. Dabei soll ein Maßnahmenpaket zum Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt geschlossen werden, hieß es am Freitagnachmittag.

Die SPÖ-Frauen hatten zuvor auf eine sofortige Umsetzung eines Gewaltschutzgipfels mit allen in diesem Bereich tätigen Organisationen gedrängt. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek zeigten sich nach der Bluttat erschüttert. "Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren und müssen den Schutz von Frauen rasch verbessern", so Heinisch-Hosek in einer Aussendung.

Neos-Frauensprecherin Henrike Brandstötter meinte ebenfalls in einer Aussendung, es brauche dringend mehr Budget für Gewaltschutz und mehr Hilfseinrichtungen für Gewaltopfer: "Vor allem Frauen mit Behinderungen, Asylwerberinnen und auch Kinder, die Zeugen von häuslicher Gewalt werden, bekommen nicht die notwendige Unterstützung und Betreuung."

Gewessler: „Da müssen wir was tun"

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) zeigte sich tief bewegt. Die Politikerin wollte bei einer Arbeitsmarkt-Pressekonferenz mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und Arbeitsminister Martin Kocher (beide ÖVP) eigentlich ihr Statement abgehen, als sie unterbrach und sich zu dem Tötungsdelikt äußerte. Vor ihrem Statement wollte sie "drei Sätze" zu der Bluttat in der Brigittenau sagen. "Das ist die neunte Frau, die dieses Jahr in Österreich ermordet wurde. Da müssen wir was tun", sagte sie. Dabei kämpfte Gewessler sichtlich mit den Tränen.

Seiner Erschütterung gab Bundespräsident Alexander Van der Bellen via Twitter Ausdruck: "Das ist unerträglich. Entschlossene Maßnahmen sind jetzt endlich dringend erforderlich." Frauenhass und Gewalt gegen Frauen und Mädchen dürften keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. "Mein Mitgefühl gehört den Angehörigen der Opfer, aber auch allen Frauen und Mädchen, die Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt wurden."

Bestürzt zeigte sich auch die Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski: "Das Ausmaß der Gewaltbereitschaft, das Ausmaß der Männergewalt in Österreich ist nicht nur schockierend und schier unerträglich. Es ist auch ein politischer Auftrag für breite Sensibilisierungs- und Bewusstseinsmaßnahmen zu Männergewalt und Männerbildern.“ Vizebürgermeisterin und Frauenstadträtin Kathrin Gaal: "Ich bin erschüttert, traurig und tief bestürzt. Mein Mitgefühl und meine Gedanken sind bei den Kindern und bei den Angehörigen."

„Keine Zeit“ für Opfer

Die Opferschutzeinrichtungen beklagten am Freitag erneut eine totale Überlastung ihrer Institutionen. Rosa Logar, Leiterin der Wiener Interventionshilfe gegen Gewalt in der Familie, berichtete etwa, dass ihre Organisation mehr als 6.000 Fälle pro Jahr bearbeitet. "Da ist keine Zeit, auf das Opfer einzugehen", bemängelte sie. Im Jahr 2020 sind in Wien von der Interventionsstelle 6.199 Fälle betreut worden. Eine langfristige und intensive Unterstützung Betroffener sei so nicht mehr möglich. Ein Berater bzw. Beraterin hat in akuten Hochzeiten bis zu 300 Opfer zu betreuen. "Für Kolleginnen und Kollegen ist das eine unheimliche Belastung, weil sie so wenig Zeit haben und nur kurzfristig da sein können." Die Einrichtungen hätten mehrfach die Politik um Hilfe gebeten, weil die Anforderungen gestiegen seien, so Logar.

(APA/Red.)

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