Vor zehn Jahren

Als US-Spezialeinheiten in Pakistan Osama bin Laden töteten

Dieses Bild vom Einsatzraum im Weißen Haus ging damals um die Welt. Links: der damalige Vizepräsident Joe Biden neben seinem damaligen Chef Barack Obama.
Dieses Bild vom Einsatzraum im Weißen Haus ging damals um die Welt. Links: der damalige Vizepräsident Joe Biden neben seinem damaligen Chef Barack Obama.APA/AFP/The White House/PETE SOU
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US-Soldaten erschossen den al-Qaida-Gründer am 2. Mai 2011 in Pakistan in einem nicht unumstrittenen Einsatz. Der Drahtzieher der Anschläge von 9/11 war über zehn Jahre lang das Feindbild Nummer Eins der USA. Die Radikalisierung des in Saudiarabien geborenen Terrorpaten begann schon in den 1970er-Jahren.

Es war der 2. Mai 2011, als eine Nachricht um die Welt ging, mit der wenige noch gerechnet hätten. Osama bin Laden wurde von US-Einsatzkräfen in Pakistan getötet. Nun jährt sich der Todestag des al-Qaida-Gründers zum zehnten Mal. Bis zu seiner Erschießung im pakistanischen Abbottabad war er mit einem Kopfgeld von 50 Millionen Dollar (41,43 Mio. Euro) der weltweit am meisten gesuchte Terrorist. Er gründete die Terrororganisation al-Qaida (auf Deutsch in etwa „die Basis", „das Fundament") und zeichnete für zahlreiche schwere Anschläge, darunter die Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA, verantwortlich.

Geboren wurde Bin Laden als Spross einer schwerreichen saudiarabischen Bauunternehmer-Dynastie zwischen März 1957 und Februar 1958 in Riad. Bin Ladens Vater Muhammad stammte aus dem Jemen und stieg mit seiner "Saudi Binladin Group" zum Multimillionär und einer einflussreichen Persönlichkeit im wahhabitischen Königreich auf, er erhielt sogar ein ehrenamtliches Ministeramt. Nach seinem Tod bauten seine Söhne das Unternehmen zu einem transnationalen milliardenschweren Mischkonzern aus.

Bin Ladens Mutter Alia Ghanem (später Hamida Al-Attas) stammte aus einer sunnitischen Familie im syrischen Latakia und wurde zur zehnten von mindestens 22 Frauen ihres Mannes, der sich aber von vielen scheiden ließ, da ein Mann nach islamischem Recht nur maximal vier Ehefrauen gleichzeitig haben durfte. Als Bin Laden vier oder fünf Jahre alt war, trennte sich sein Vater auch von seiner Mutter und arrangierte eine Ehe mit einem Angestellten für sie. Bin Laden blieb das einzige Kind seiner Mutter und das 17. seines Vaters, der bis zu 57 Nachkommen gezeugt haben soll.

Bin Laden dominierte die Titelseiten der weltweiten Zeitungen am 3. Mai 2011.
Bin Laden dominierte die Titelseiten der weltweiten Zeitungen am 3. Mai 2011.APA/AFP/ARIF ALI

Religiöse Kontakte und erste Basis in Pakistan

Obwohl Bin Laden in seiner frühen Jugend kein starkes Interesse an Religion und Politik hatte, kam er schon früh in Kontakt mit zahlreichen Geistlichen und Anführern religiöser Bewegungen, die im Haus seines Vaters ein und ausgingen. Zunächst ging er an die renommierte Universität von Jeddah, um Bauingenieurswissenschaften zu studieren. Ab 1973 wandte er sich islamistischen Gruppen zu und dürfte sich von da an zunehmend radikalisiert haben. Nach der sowjetischen Invasion in Afghanistan ging Bin Laden ins Nachbarland Pakistan, wo er mehrere Führer der afghanischen Widerstandsbewegung traf. Dem späteren Präsidenten Burhanuddin Rabbani bot er damals seine Hilfe an.

Seine erste Basis richtete Bin Laden in der pakistanischen Grenzstadt Peshawar ein. Dort erwarb er sich sehr schnell den Ruf eines mutigen Kämpfers und band sich an die radikalsten unter den Fundamentalistenführern. Unter ihnen war der Ägypter Ayman al-Zawahiri, der die rechte Hand Bin Ladens werden sollte. Allmählich baute Bin Laden sein Netzwerk auf: Bald finanzierte er eine Brigade mit mehreren tausend Männern, die größtenteils aus arabischen Ländern stammten. Bei seinem erbitterten Kampf gegen die Sowjetarmee wurde der Extremist vom US-Geheimdienst CIA unterstützt. Experten datieren die Gründung seiner Terrororganisation Al Kaida auf 1988.

Auf dem Gelände des Anwesens in Pakistan, in dem die USA Osama bin Laden aufgespürt und getötet hatten, spielen heute Kinder in Abottabad.
Auf dem Gelände des Anwesens in Pakistan, in dem die USA Osama bin Laden aufgespürt und getötet hatten, spielen heute Kinder in Abottabad.APA/AFP/FAROOQ NAEEM

Saudiarabische Staatsbürgerschaft aberkannt

Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen kehrte Bin Laden zunächst nach Saudiarabien zurück. Doch als sein Heimatland der US-Armee beim Golfkrieg 1991 bereitwillig als Stützpunkt zur Verfügung stand, griff der Fundamentalist die Königsfamilie heftig an. Riad erklärte ihn zur "persona non grata", drei Jahre später wurde ihm die saudiarabische Nationalität entzogen. Bis 1996 blieb Bin Laden im Sudan, wo er die Ausbildung seiner al-Qaida-Leute in paramilitärischen Lagern vorantrieb. Doch dann verwies die Regierung in Khartum ihn auf Druck Washingtons des Landes. Bin Laden ging wieder nach Afghanistan, wo er mit immer glühenderem Hass gegen die "arrogante Supermacht" USA predigte. Nach der Machtübernahme durch die radikalislamischen Taliban wurde er deren "Ehrengast". Unter wohlwollender Patronage der Taliban errichtete Bin Laden Dutzende al-Qaida-Camps für tausende Gefolgsleute.

Der erste große Anschlag, der Bin Laden zur Last gelegt wird, waren die Bombenattentate auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania, bei denen im August 1998 insgesamt 224 Menschen getötet wurden. 1999 setzte ihn die US-Bundespolizei auf die Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher der Welt. Auch für den Sprengstoffanschlag auf das US-Kriegsschiff USS Cole vor der Küste des Jemen, bei dem im Oktober 2000 17 US-Soldaten getötet wurden, wurde Bin Laden verantwortlich gemacht. Am 11. September 2001 schließlich starben bei den Terroranschlägen in den USA fast 3.000 Menschen.

Sechs Tage später erklärte US-Präsident George W. Bush ihn zum Hauptverantwortlichen für die Anschläge und verlangte Bin Ladens Festnahme "tot oder lebendig". Am 18. September forderte der UNO-Sicherheitsrat das Taliban-Regime in Afghanistan auf, Bin Laden auszuliefern, was Taliban-Führer Mullah Omar ablehnte. Woraufhin die USA am 7. Oktober ihre Invasion in Afghanistan begannen, was sich schließlich zum längsten Krieg der Vereinigten Staaten von Amerika entwickeln sollte. Erst unter dem aktuellen US-Präsidenten Joe Biden sollen bis 11. September 2021 alle US-Truppen aus dem zentralasiatischen Land abziehen.

Umstrittener Schießbefehl

Der Schießbefehl zur Tötung Bin Ladens von 2011, ausgeführt vermutlich von einem Navy Seal namens Robert O'Neill, ist bis heute umstritten. Die US-Kräfte gingen in ein fremdes Land und töteten einen Mann - ohne jegliche gerichtliche Fundierung. Politiker begrüßten den Schritt damals, Menschenrechtlern war weniger wohl. Die US-Armee bestattete die Leiche Bin Ladens schließlich auf hoher See, um keinen Pilgerort für seine Anhänger zu schaffen.

Durch die Tötung Bin Ladens gelang es den Amerikanern zwar al-Qaida in Motivation und Struktur entscheidend zu schwächen. Das von den USA mitausgelöste Chaos im Irak, das Ungleichgewicht in Nahost und auch die undurchsichtige Situation in Afghanistan und Pakistan haben dem Terror jedoch geholfen. Im Irak konnte der "Islamische Staat" (IS) entstehen - brutaler, entschlossener, menschenfeindlicher noch als Bin Ladens al-Qaida.

(APA)

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