Digital Innovation Hub

Wie man den digitalen Pioniergeist bei Bauern und Forstwirten weckt

Die Presse/Clemens Fabry
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Die Wienerinnen Valerie Herzog und Pia Seeberger wollen nicht warten, bis Politiker Forderungen der Klimabewegung umsetzen und zudem für mehr Nachhaltigkeit sorgen.

Sie hätten auch demonstrieren gehen können, so wie viele andere junge Menschen in ihrem Alter. Es sind schließlich dieselben Themen, für die sie brennen: Nachhaltigkeit, der Kampf gegen den Klimawandel, die Energiewende. Doch zu warten, dass Politiker die Forderungen der Klimabewegung umsetzen, das liegt Valerie Herzog und Pia Seeberger offenbar nicht.

Sonst hätten sie nicht „Innovate“ ins Leben gerufen, einen Digital Innovation Hub, der am Dienstag gemeinsam mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und Wiener Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) vorgestellt wird. Es ist der erste „Hub“, der sich speziell an kleine und mittlere Betriebe aus der Land-, Forst-, Holz- und Energiewirtschaft richtet und dabei ganz auf das Thema Nachhaltigkeit setzt.

„Wir haben uns überlegt: Was braucht man, um die Klimakrise besser zu meistern? Wo können wir mit den größten Hebeln ansetzen, um wirklich etwas zu bewegen?“, sagt Herzog zur „Presse“. Bei einem gemeinsamen Kaffee vergangenen Sommer sei ihr und Seeberger die Idee für den Hub gekommen. Was folgte war ein Konzept, die Einreichung bei der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und nicht einmal ein halbes Jahr später die Zusage für ein dreijähriges Budget. Nun startet der Hub, der das Wissen von Unis und Forschungseinrichtungen zum Tischler, Solartechniker oder Bauern bringen will.

Intelligente Erdbeeren

Wie das funktionieren soll? Seeberger nennt das Beispiel eines Erdbeerbauern, der immer wieder mit Schädlingen zu kämpfen hat. Und dem irgendwann eine Idee kommt: In der Forstwirtschaft wird der Wald von oben fotografiert, um den Borkenkäfer-Befall besser sehen können. Funktioniert dasselbe Prinzip auch bei seinen Feldern? Hier kommt der Innovation Hub ins Spiel, der den Bauern mit Forschern und Technikern zusammenbringt, sowie „Unternehmen, die ein ähnliches Problem haben“, sagt Seeberger. „Künstliche Intelligenz kann sich Bilder schneller und genauer ansehen als ein Mensch“, so die 29-Jährige. Eine solche Technologie könnte den Schädlingsbefall sogar vorhersagen. Wovon dann vielleicht nicht nur der Erdbeer-, sondern auch der Gurkenbauer profitiert.

Ob der Tischler, der digital verfolgt, aus welchem Wald sein Rohstoff herkommt, der Baumeister, der den klimaschädlichen Zement gegen Holz eintauscht – Innovate solle ein nachhaltiger „Turboantrieb“ für Betriebe sein, sagt Herzog.

Aber in Normalgeschwindigkeit läuft bei den beiden Wienerinnen sowieso nichts. Schon als Teenager sind sie bei denselben Leichtathletikwettkämpfen angetreten, Herzog lief Mittelstrecke, Seeberger Sprint oder Hürden, ohne zu wissen, dass sie sich 15 Jahre später bei Blue Minds wiedertreffen sollten. Jener Firma von Eveline Steinberger-Kern und Ex-Bundeskanzler Christian Kern, die mit ihrer Tochter Techhouse hinter Innovate steht. Davor folgten aber noch Stationen, die Eindruck machen: Die 31-jährige Herzog ging mit einem Sportstipendium nach Amerika, dann in Wien auf die Diplomatische Akademie und baute die UN-Initiative „Sustainable Energy for All“ mit auf, um dann in Berkeley in Innovationsmanagement zu promovieren. Seeberger studierte Physik in Wien, danach zog es sie zur Elektrizitätsgesellschaft EDF nach Frankreich, zu Siemens nach Kalifornien, sie forschte zu Kernphysik in Kasachstan und beriet bei der Boston Consulting Group „die Guten und die Bösen“ in der Energiewirtschaft.

Das „Gute“ hat dann doch gesiegt – oder zumindest ist das das Ziel: „Tief in mir drin sitzt der Wunsch, dass wir etwas kreieren, was allen Tischlern oder allen Windkraftwerken auf dieser Welt hilft.“

Den Klimawandel aufhalten zu können, darüber machen sich Seeberger und Herzog keine Illusionen: „Wir sind schon mittendrin. Aber wir können nicht so weiter tun, wie wir gerade tun“, sagt Herzog. „Was uns helfen kann, sind coole neue Ideen. Smarte Lösungen zu finden, wie wir weniger Emissionen verbrauchen“, meint Seeberger. Der Pioniergeist sei in jedem kleinen Unternehmen vorhanden, ist sie überzeugt. Diesen wollen Herzog und Seeberger bei einer Kick-off-Veranstaltung am Donnerstag wecken. Über hundert Unternehmen haben bereits zugesagt, bis Mittwoch kann man sich noch anmelden.

Auf einen Blick

Die beiden Wienerinnen Pia Seeberger (29) und Valerie Herzog (31) haben gemeinsam den neuen Digital Innovation Hub „Innovate“ ins Leben gerufen, der digitale Innovation bei Klein- und Mittelbetrieben in der Land-, Forst-, Holz- und Energiewirtschaft fördert. Der überregionale Hub, der sich auf das Thema Nachhaltigkeit spezialisiert, wird vom Bund sowie von Land Wien und Land Kärnten gefördert. Start ist am 6. Mai. Interessierte Betriebe können sich bis Mittwoch anmelden unter www.dih-innovate.at/event

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