Begutachtung

"Sinn nicht erkenntlich": OGH lehnt neue Razzia-Regelung ab

Der Justizpalast, Sitz des Obersten Gerichtshofs und des Oberlandesgerichts Wien.
Der Justizpalast, Sitz des Obersten Gerichtshofs und des Oberlandesgerichts Wien. APA/GEORG HOCHMUTH
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Der Gesetzesentwurf, der Razzien im Behördenbereich beinahe verunmöglichen und durch Amtshilfe ersetzen würde, stößt weiterhin auf Kritik. Protest kommt nun auch von Gerichten und Korruptionsstaatsanwälten.

Die geplanten Einschränkungen für Hausdurchsuchungen im Behördenbereich sind im Begutachtungsverfahren auf breite Kritik in der Justiz gestoßen. Dass außer beim Verdacht gegen Behördenleiter grundsätzlich auf das Instrument der Amtshilfe gesetzt werden muss, wird kaum goutiert. So meint etwa der Oberste Gerichtshof, der Sinn dieser Regelung sei "nicht erkenntlich". Die Ausnahme sei "eindeutig zu eng gefasst".

Besonders betroffen wäre die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Folgerichtig ist auch ihre Stellungnahme kritisch. Solch eine Änderung wegen eines Einzelfalls - also der später für rechtswidrig erklärten Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismus-Bekämpfung - wäre "überzogen". In der WKStA sieht man daher "keinen Änderungsbedarf". Denn die Erfahrung zeige, dass im Rahmen der Amtshilfe beschaffte Beweise "allzu oft unvollständig" seien.

„Erschwert Korruptionsbekämpfung"

Harte Worte findet das Oberlandesgericht Wien, das von einer "inakzeptablen Einschränkung" schreibt", die die Korruptionsbekämpfung erschwere. Die Regelung sei "krass überschießend". Gerade das Überraschungsmoment mache Hausdurchsuchungen effektiv. Bei der Amtshilfe bestehe immer die Gefahr, dass Beweismittel vernichtet und Kollegen gewarnt würden.

"Entschieden abzulehnen" ist die Vorlage auch für das Oberlandesgericht Innsbruck. Es werde "auf unvertretbare Weise" die Ermittlungsarbeit eingeschränkt.

Oberstaatsanwaltschaft begrüßt Novelle

Grundsätzlich positiv bewertet wird die Novelle dagegen von der Oberstaatsanwaltschaft Wien, die die Stoßrichtung der geplanten Gesetzesänderung ausdrücklich begrüßt. Streichen würde man aber, dass bei der "erlaubten" Hausdurchsuchung bloß auf den jeweiligen Leiter abgestellt wird. Es sollte nur auf den Zweck der Ermittlungen Bezug genommen werden.

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hat der Justiz bereits zugesichert, die Pläne gegebenenfalls noch überarbeiten zu wollen. Mitte April erklärte sie, dass Hausdurchsuchungen in Ministerien und Amtsgebäuden weiterhin möglich sein werden, auch wenn nicht gegen den Behördenleiter ermittelt wird. Die Begutachtungsfrist läuft noch bis Freitag.

(APA)

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