Die größten Sünden bei Shopping-Centern

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Betrachtet man die große Anzahl nicht funktionierender Shopping Malls weltweit, scheint die erfolgreiche Planung der Zentren immer noch ein großes Geheimnis oder einfach Glückssache zu sein. Dabei gäbe es genügend Beispiele, von denen man lernen könnte.
Von Wolfgang Richter

Ein gutes Einkaufszentrum hat nichts mit Geheimnissen und schon gar nicht mit Glück zu tun. Es liegt zumeist an der richtigen Planung - und daran, dass die richtigen Leute, jene mit Fachwissen und Erfahrung, eingesetzt wurden müssen. Die meisten Fehler bei einem Einkaufszentrum werden in der Planungsphase gemacht. Ist das Projekt einmal fertig, können Centermanagement und Marketing eventuelle Planungsfehler praktisch nicht mehr wieder gut machen. Wir beschäftigen uns nun schon seit 25 Jahren mit Shopping Malls, und ein paar Hundert Projekte sind auf unseren Tischen gelegen.

Aus all dieser Erfahrung kann ich sagen: Ein gutes Shopping Center muss nichts besonderes sein - es sollte nur möglichst wenige Fehler haben. Wenn ein Center nicht funktioniert, von den Kunden nicht angenommen wird, verfügt es zumeist über mehrere kapitale Schwächen aus der Planungsphase. Folgende Fehler können wir besonders häufig beobachten:

Falsche Zielgruppe

Letztendlich muss ein (nachhaltig funktionierendes) Shopping Center nur für die Konsumenten gemacht werden, und nicht für die Entwickler, Finanzierer, Architekten, Händler oder Endinvestoren. Wenn man beispielsweise die South China Mall mit ihren 800.000 m² Gesamtmietfläche und der Leerstandquote von 90 Prozent betrachtet, oder auch das bereits wieder geschlossene Factory Outlet Center in Leobersdorf bei Wien, wird völlig klar, dass man sich hier bei der Projektierung nicht an den Bedürfnissen der Konsumenten orientiert hat. Gerade in Osteuropa wurden in den Jahren vor der Krise jede Menge Projekte geplant, von denen man geglaubt hatte, dass sie den potenten Endinvestoren gefallen, die tatsächlichen Wünsche und Möglichkeiten (z.B. Kaufkraft) der Bewohner interessierten kaum jemanden.

Falscher Zeitpunkt

In den sogenannten „neuen Märkten“ in CEE, aber auch in China, Indien und Südamerika enstanden und entstehen viele Shopping Center einfach zu früh. Die Konsumenten dort sind oft noch nicht soweit. Wenn beispielsweise in einer rumänischen Regionalstadt noch das Pferdefuhrwerk ein wesentliches Fortbewegungsmittel ist und die Kaufkraft der Familien nur ein Zehntel der unsrigen ist, braucht man sich nicht zu wundern, wenn die blitzsauberen „Fashion-Malls“ in den neuen Konsumtempeln noch verwaist sind. Die Leute haben andere Sorgen als zwischen Hilfiger, Versace oder Boss zu wählen.

Falscher Standort

Der Standort ist nur dann gut, wenn kein besserer denkbar ist. Großräumig geht es um die Nähe zum Kunden, die Verkehrsanbindung und die räumliche Verteilung der konkurrierenden Handelszonen, kleintäumig um die Sichtbarkeit, die Erkennbarkeit und die Nutzung bereits bestehender Passantenströme, etwa innerhalb einer Geschäftsstraße. Geht man hier Kompromisse ein, legt man den Grundstein für jahrzehnte lange Probleme, denn beim Standort gilt der alte Spruch: Knapp vorbei ist auch daneben.

Schlechtes Layout

Den Grundriss einer funktionierenden Shopping Mall zu konzipieren, ist nichts mehr als gutes Handwerk. Es geht beispielsweise darum, die Kundenströme zu bündeln, um das fragile Verhältnis zwischen Frequenzbringer und Frequenznutzer, um den Komfort bei den Parkplätzen und um die Anzahl der Geschoße. Architekten mit Verwirklichungsdrang oder eitle Bauherren stören bei diesem Handwerk nur. Es braucht dafür Praktiker, die wissen wie die Kunden denken und die das räumlich umsetzen können.

Eröffnung mit Leerstand

Kein Center sollte mit mehr als 10 Prozent Leerstand eröffnet werden! In der letzten Zeit ist es modern geworden, Factory Outlet Centers, Shopping Malls oder Retail Parks mit Leerständen von bis zu 80 Prozent zu eröffnen. Beim Projekt Leoville in Leobersdorf nannte man das „Soft-Opening“, andere kleben die leeren Auslagen zu und schreiben „Coming soon...“. Auch wenn es aus finanz-oder vertragsrechtlicher Sicht scheinbar Sinn macht zu eröffnen, wenn noch nicht alle Mieter feststehen: Eröffnungen mit Leerstand bringen ein „Loser-Image“ – Imageschäden sind kaum wieder wegzubringen.

Nun, es besteht Hoffnung, dass nach der Vielzahl der gescheiterten Shopping Center Projekten der letzten Jahre, die Planung und Konzeption nicht auf Luftschlösser spezialisierten Visionären oder auf ständig rendtienrechnenden Finanzgenies überlassen bleibt, sondern künftig wieder jene mehr eingesetzt werden, die ihr Ohr bei den Bedürfnissen der Besucher der Zentren haben – auch wenn dadurch vielleicht nur unspektakuläre Zentren mit geringer Anfangsrendite herauskommen. Langfristig werden aber diese Zentren allen mehr Freude machen: Den Besuchern, den Händlern und den Investoren.

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