U-Ausschuss

"Gefährliches Spiel mit dem Feuer": Bures kritisiert Sobotka

Die parlamentarische Kontrolle aus der Hand zu geben, käme einem Akt der Selbstaufgabe gleich, meint Doris Bures.
Die parlamentarische Kontrolle aus der Hand zu geben, käme einem Akt der Selbstaufgabe gleich, meint Doris Bures.APA/HELMUT FOHRINGER
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Sobotka hatte vorgeschlagen, Richter mit der Vorsitzführung im U-Ausschuss zu betrauen. Die Zweite Nationalratspräsidentin ortet den Wunsch der ÖVP, parlamentarische Kontrollrechte zu beschneiden.

Ungewöhnlich scharf kritisiert die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) ihren Amtskollegen Wolfgang Sobotka (ÖVP) und dessen Partei. Die parlamentarische Kontrolle aus der Hand zu geben, käme einem Akt der Selbstaufgabe gleich, meinte sie in einem Kommentar im "Standard" (Donnerstag-Ausgabe) zu dessen Vorschlag, einen Richter mit der Vorsitzführung im U-Ausschuss zu betrauen. Generell kritisierte sie das Infragestellen parlamentarischer Kontrolle. Im Ö1-Mittagsjournal bekräftigte sie am Donnerstag die Kritik: Kontrollrechte des Parlaments dürften auf keinen Fall eingeschränkt werden.

Sobotka, der als Nationalratspräsident den Vorsitz im Ibiza-U-Ausschuss führt, ist immer wieder mit Befangenheitsvorwürfen konfrontiert. Einen Rückzug vom Vorsitz hat er ausgeschlossen und stattdessen die Übernahme des Vorsitzes durch einen Richter in künftigen Untersuchungen vorgeschlagen.

Bures lehnt das entschieden ab und vertrete hier „offensichtlich eine andere Meinung“: „Ich bin sozusagen in der Tradition des österreichischen Parlamentarismus“ - und der bedeute, dass neben der rechtlichen Aufgaben und der Legistik, die ein Parlament als Gesetzgeber durchzuführen habe, „auch die parlamentarische Kontrolle ein ganz elementares Instrument ist.“

Es sei dies ganz bewusst nicht vorgesehen worden, "weil ein parlamentarisches Kontrollinstrument auch tatsächlich von einem Parlamentarier oder einer Parlamentarierin geleitet werden sollte". Seitenhieb in Richtung Sobotka: "Die Verfahrensordnung des Untersuchungsausschusses kennt großzügige Vertretungsregelungen – eben auch, um etwaige Befangenheit zu vermeiden."

Auf den Befangenheitsvorwurf angesprochen sagt sie gegenüber Ö1, Sobotka müsse selbst feststellen, ob er befangen sei oder nicht: „Ob eine Befangenheit vorliegt, das liegt in der Eigenverantwortung jedes Vorsitzführenden.“

„Gefährliches Spiel mit dem Feuer"

Bures, die von Sobotka im laufenden Ausschuss nur fallweise zu seiner Vertretung beigezogen wurde, wendet auch ein, "dass damit das Parlament einen Akt der Selbstaufgabe setzen würde, weil es ein wesentliches Element parlamentarischer Kontrolle aus der Hand gäbe. Kein Parlament mit Selbstachtung und demokratischem Selbstverständnis würde auf dieses Recht freiwillig verzichten."

Es dränge sich vielfach der Verdacht auf, dass "von verschiedenen Seiten" bewusst Wesenselemente der parlamentarischen Demokratie und des entwickelten modernen Rechtsstaates ins Gerede gebracht werden. "Ein gefährliches Spiel mit dem Feuer!", so die Zweite Nationalratspräsidentin: "Wer selbst zum antidemokratischen Brandbeschleuniger greift und simpel die Kosten parlamentarischer Kontrolle, also letztlich der Kernelemente von Demokratie, in Stellung bringt, überschreitet leichtfertig und wohl unüberlegt eine markante rote Linie."

Für Optimierungsdiskussionen zeigte sich Bures offen. "Was allerdings keinesfalls unwidersprochen hingenommen werden kann, ist, dass sich Parlamentarier der Kanzlerpartei dazu hergeben, elementare Kontrollrechte des Parlaments zu opfern oder zu beschneiden", sagte sie in Richtung ÖVP. Respektlosigkeiten gegenüber dem Parlament, dem Verfassungsgerichtshof und der Justiz im Allgemeinen hätten sich schon bedenklich eingebürgert. "Dieser Weg der aufreizenden Informations- und Kontrollverweigerung bis hin zu Schredder-Exzessen darf von einem selbstbewussten Parlament nicht noch beflügelt und erleichtert werden", betonte sie.

(APA/Red.)

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