Russland: Der Hotelbau zu Sotschi

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200 Hotels müssen bis 2014 in der Olympiastadt Sotschi hochgezogen werden. Auf eine Mrd. Dollar wird das Projekt geschätzt. Nach den Spielen drohen viele leer zu stehen. Rentieren werden sie sich erst in 20 Jahren.

Moskau. Es wird ihn wohl nicht sonderlich aus der Fassung bringen. Die Frage, ob es sich rentiert, hat er sich ohnehin bei anderen Projekten oft genug gestellt. Und wie diese sich rentiert haben! In die Reihe der 100 reichsten Russen ist Telman Ismailow in den vergangenen Jahren aufgestiegen. Nun baut er in der südrussischen Urlaubs- und Olympiastadt Sotschi Russlands größten Hotelkomplex: 5500 Zimmer wird er bis zum Jahr 2013, also ein Jahr vor Beginn der Olympischen Winterspiele, hochziehen. Auf eine Mrd. Dollar wird das Projekt geschätzt, wie Stanislaw Iwaschkewitsch, stellvertretender Direktor für Unternehmensentwicklung bei CB Richard Ellis, gegenüber der Wirtschaftszeitung „Wedomosti“ sagte. Experten gehen davon aus, dass es sich erst in über 20 Jahren amortisieren dürfte.

Putins sanfter Bau-Befehl

Für Ismailow und seine Firmengruppe AST ist die Frage der Wirtschaftlichkeit in diesem Fall sekundär. Für den 53-jährigen Aserbaidschaner kommt die Investition in Sotschi einer Rückfahrkarte nach Russland gleich. Im Sommer 2009 war er dort in Ungnade gefallen. Mit Pomp hatte er damals sein Siebensternehotel „Mardan Palace“ in der Türkei eröffnet. Sharon Stone und Richard Gere waren zur Einweihung des Projekts gekommen, das mehr als eine Mrd. Dollar verschlungen hatte. Kurz darauf kam die Nachricht aus Moskau, Ismailows Moskauer Großmarkt „Tscherkison“ werde geschlossen, weil laut Premier Wladimir Putin Schmuggelware im Wert von zwei Mrd. Dollar kursiert sei. Die Botschaft an Ismailow formulierte Putin später selber: „Wenn schon Ressourcen für Investitionen frei sind, wäre es nicht schlecht, diese in Russland einzusetzen. Zum Beispiel das Geld in den Bau von Hotelanlagen in Sotschi vor den Olympischen Spielen 2014 zu investieren.“

Ismailow hat verstanden. In Sotschi misst man in anderen Maßstäben. Die Olympischen Spiele 2014 sind ein nationales Prestigeunterfangen und zudem das Lieblingsprojekt von Putin. Die Großveranstaltung kommt in eine Stadt mit 330.000 Einwohnern am Meer.

Obwohl die Gegend ein traditioneller Urlaubsort der Russen ist, fehlt nicht nur dort die Infrastruktur. Auch im gebirgigen Hinterland des Kaukasus müssen erst die Anlagen für die Olympischen Wettbewerbe errichtet werden. Ganz zu schweigen von den Verbindungswegen für den erwarteten Ansturm von Zuschauern. Nach den Angaben der russischen Staatsholding „Olympstroj“, die für die Planung und den Bau der Infrastruktur verantwortlich ist, zählt Sotschi in diesem Jahr 4,3 Millionen Besucher. In vier Jahren sollten es 7,6 Millionen sein. Und erfüllt sich die Hoffnung, so werden auch nach den Spielen jährlich an die 7,3 Millionen Touristen nach Sotschi kommen.

42.437 Hotelzimmer fehlen

Will man sie alle adäquat unterbringen, so muss die Stadt in aller Eile mit Hotels zugepflastert werden. Nach Angaben des Organisationskomitees „Sotschi-2014“ braucht es 42.437 neue Hotelzimmer, darunter 2.941 im Fünfstern- und 10.630 im Viersternsegment. Wie CB Richard Ellis gezählt hat, verfügt die Stadt im Moment über 5000 Hotelzimmer. Laut Stanislaw Iwaschkewitsch ist der Bau von 200 Hotels, die die Lücke schließen sollten, praktisch unmöglich. So fehlen geeignete Manager und Mitarbeiter in diesem Bereich. Von der Frage der Nachhaltigkeit gar nicht zu reden. Nicht nur Ismailows Megahotel dürfte sich erst frühestens in 20 Jahren rechnen, auch den anderen Hotels blüht das gleiche Schicksal, erklärte dieser Tage Alexandr Lesnik, Direktor von Hotel Consulting & Development, gegenüber „Wedomosti“. Die Olympische Flamme sei gewissermaßen ein Strohfeuer, die anschließende Nachfrage nach der Hotelinfrastruktur nicht garantiert.

Im Unterschied zur Türkei etwa sei die Dauer der Saison um einen Monat weniger auf drei Monate beschränkt. Dazu kommt, dass schon bisher die Flugverbindungen nach Sotschi und auch der Aufenthalt in Sotschi teurer waren als etwa in der Türkei oder Ägypten. Eine solche Anzahl von Hotels hochzuziehen erinnere weniger an ein Business als vielmehr an eine Wohltätigkeitsaktion.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2010)

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