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Patent-Aussetzung für Covid-Impfung? EU zeigt sich offen für US-Vorschlag

Jordan's King Abdullah II ibn Al Hussein meets with European Commission President Ursula von der Leyen in Brussels
Jordan's King Abdullah II ibn Al Hussein meets with European Commission President Ursula von der Leyen in BrusselsREUTERS
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Die USA will eine Aussetzung der Impfstoff-Patente bei Covid-Vakzinen. Die EU signalisiert Bereitschaft - zunächst einmal zum Gespräch.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigt sich offen für eine Debatte über eine mögliche Aussetzung von Corona-Impfstoffpatenten, die von den USA angestoßen wurde. "Die Europäische Union ist bereit, jeden Vorschlag zu diskutieren, der diese Krise wirksam und pragmatisch angeht", sagte von der Leyen am Donnerstag. Man müsse sehen, wie der US-Vorschlag diesem Ziel dienen könne. Es soll auch Thema des EU-Gipfels in Porto sein. Pharmaverbände kritisierten unterdessen den US-Vorstoß.

Von der Leyen erklärte: "Kurzfristig rufen wir jedoch alle Länder mit Impfstoffproduktion auf, Exporte zu erlauben und alles zu vermeiden, was Lieferketten stören könnte." Von der Leyen betonte in ihrer online übertragenen Rede für eine Konferenz in Italien: "Um es klar zu sagen, Europa ist die einzige demokratische Region der Welt, die Exporte im großen Maßstab erlaubt." Bisher seien mehr als 200 Millionen Dosen Corona-Impfstoff in den Rest der Welt geliefert worden. Das sei fast so viel, wie hier in der EU verabreicht worden sei. Die EU sei die Apotheke der Welt.

USA argumentieren mit globaler Krisensituation

Die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai hatte am Mittwoch Unterstützung für die Aussetzung von Impfstoffpatenten signalisiert, die viele Länder seit langem fordern. Die USA stünden hinter dem Schutz geistigen Eigentums, die Pandemie sei aber eine globale Krise, die außerordentliche Schritte erfordere, erklärte Tai. Das Ziel sei, "so viele sichere und wirksame Impfungen so schnell wie möglich zu so vielen Menschen wie möglich zu bringen". In Genf streiten Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) seit Wochen über das Thema. Am Donnerstag standen weitere Beratungen an.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich am Donnerstag offen für eine Debatte über den US-Vorstoß zur Aussetzung von Corona-Impfstoffpatenten. "Wir unterstützen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und sind offen für Gespräche sowie den WTO-Prozess, den die Amerikaner vorschlagen. Es ist wichtig, dass so viele Menschen wie möglich weltweit so rasch wie möglich geimpft werden, um die Pandemie zu besiegen", heiß es am Donnerstag dazu aus dem Bundeskanzleramt.

China grundsätzlich für besseren Vakzin-Zugang

"Die ganze Welt mit Impfstoff zu versorgen, ist der einzig nachhaltige Weg aus dieser Pandemie", sagte indes Deutschlands Gesundheitsminister, Jens Spahn, am Donnerstag. "Es gibt einige Ideen, wie wir dies ermöglichen können." Entscheidend sei vor allem der weitere Ausbau von Produktionsstätten. Zudem müssten die Staaten der Welt, in denen Impfstoff produziert wird, bereit sein, diesen auch an andere zu exportieren. "Die EU ist dazu in Wort und Tat bereit. Wir freuen uns, wenn die USA es nun auch sind", sagte Spahn.

China sprach sich allgemein für einen besseren Zugang zu Vakzinen aus. "Wir schauen konstruktiven und positiven Diskussionen im Rahmen der WTO für wirksame und ausgewogene Ergebnisse entgegen", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin, am Donnerstag lediglich auf Fragen von Journalisten, ob China eine von den USA vorgeschlagene Aussetzung der Patente unterstützen würde. Alle Länder hätten eine Verantwortung, gegen die Pandemie zu kämpfen. Auch sollten alle gleich sein, wenn es um Zugang zu Impfstoffen gehe, sagte der Sprecher. China unterstütze die internationale Kooperation bei Vakzinen gegen Covid-19. "Wir werden Impfstoffe weiterhin zu einem öffentlichen Gut machen und dazu beitragen, dass sie in Entwicklungsländern zunehmend bezahlbar und zugänglich sind."

Pharma-Verband weist auf Rohstoffmangel hin

Der Dachverband der Pharmafirmen kritisierte die Entscheidung der USA. Das werde die Impfstoffproduktion kaum ankurbeln, teilte der in Genf ansässige Verband in der Nacht auf Donnerstag mit. Problem seien vielmehr Handelsbarrieren sowie Mangel an Rohstoffen und Bestandteilen, die für die Herstellung der Impfstoffe nötig seien. Bei der Unterversorgung der ärmeren Länder könnten auch Regierungen reicher Länder in die Bresche springen und einen Teil der Impfdosen, die sie sich in bilateralen Verträgen gesichert haben, an ärmere Länder abgeben.

Gerade weil ihre Patente geschützt seien, hätten Impfstoffhersteller bereits mehr als 200 Technologietransfer-Abkommen abgeschlossen, um mit Partnern in ärmeren Ländern mehr Impfstoffe bereitstellen zu können. "Wir werden keine Mühe scheuen, um die Herstellung der Covid-19-Impfstoffe auszuweiten, denn niemand ist sicher, bis nicht alle sicher sind", teilte der Verband mit. Der Verband macht stets geltend, dass Pharmafirmen nur durch einen Patentschutz, der später Einnahmen garantiert, genügend Anreiz hätten, in Forschung zu investieren.

(Ag.)

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