Wolf: "Möchte nicht den großen Chef spielen"

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Der scheidende Magna-Manager Siegfried Wolf spricht mit der "Presse" über seinen bevorstehenden Wechsel zu Basic Element, seine Russisch-Kenntnisse und sein Verhältnis zu Stronach und Deripaska.

Die Presse: Lernen Sie eigentlich schon Russisch?

Siegfried Wolf: Natürlich muss man sich in den Werken mit den Leuten ein wenig unterhalten können. Aber im Geschäftsleben gibt es auch in Russland viele gut ausgebildete Leute, die Englisch oder Deutsch können.

Johann Jonach, Österreicher und Chef der russischen Alfa-Bank, meinte zu diesen Thema jüngst: „Wer nicht Russisch lernt, ist selten langfristig erfolgreich.“

Wolf: Für das Bankkundengeschäft mag es sicher zutreffen, dass man sich mit den Kunden vor Ort unterhalten muss. In der Industrie ist das etwas anders. Russisch zu sprechen ist natürlich von Vorteil. Ich möchte aber auch nicht kommen, um den großen operativen Chef zu spielen, sondern ich werde eher strategisches Coaching betreiben.

Was war eigentlich der zentrale Grund für Sie, den Arbeitgeber zu wechseln?

Wolf: Nach 16 Jahren erfolgreicher Tätigkeit bei Magna ist mir das nicht leicht gefallen. Russland ist zur Zeit aber in einer Aufbauphase. Und ich baue gerne auf und möchte gerne mitgestalten. Daher war es für mich von der persönlichen Lebensplanung und den Gegebenheiten des Marktes die richtige Zeit.

Gerüchten zufolge soll Ihr Verhältnis zu Frank Stronach in jüngster Zeit nicht mehr so gut gewesen sein.

Wolf: Ich weiß nicht, wer so etwas schon wieder erfindet. Ich kann in aller Deutlichkeit sagen: Herr Stronach ist nicht nur ein guter geschäftlicher Partner von mir, sondern auch ein Freund.

Und wie ist Ihr Verhältnis zum neuen Chef, zu Oleg Deripaska?

Wolf: Sehr korrekt. Eigentlich freundschaftlich. Uns verbinden inzwischen drei Jahre gemeinsame Arbeit. Während dieser Zusammenarbeit hat er bewiesen, dass er Tiefgang hat und auch mit Mitarbeitern offen und respektvoll umgeht. Das gefällt mir sehr gut.

Wann hat er Sie gefragt, ob Sie bei ihm arbeiten wollen?

Wolf: Wir haben uns im Frühjahr unterhalten, und er hat gemeint, ob ich nicht noch ein wenig intensiver in Russland tätig werden wolle. Ich habe mich dann mit ihm und Frank Stronach zusammengesetzt, und wir drei haben uns das ausgesprochen. Mir war von Anfang an wichtig, dass der Wechsel ohne wie auch immer geartete Störungen vonstatten geht.

Frank Stronach meinte ja später, Ihr Wechsel habe auch potenzielle Vorteile für Magna. Was meint er damit konkret?

Wolf: Russland ist ein großer Markt, und Gaz (die zum Konsortium von Deripaska gehörende Automarke, Anm.)ist bereits jetzt der größte Kunde von Magna. Russlands Autoindustrie braucht auch weiterhin eine Modernisierung. Und da gibt es viel Potenzial für Magna.

Heißt das, dass Magna bei Gaz künftig bessere Chancen als seine Konkurrenten haben wird?

Wolf: Ich kenne das Unternehmen. Daher mache ich mir keine Sorgen, dass es nicht wettbewerbsfähig ist.

Könnte es künftig auch wieder zu einer Beteiligung von Basic Element – dem Firmenkonglomerat von Oleg Deripaska – an Magna kommen?

Wolf: Nichts ist auszuschließen, aber derzeit ist nichts angedacht.

Bei Magna sind nun Sie gegangen, und Frank Stronach hat sich weitgehend zurückgezogen. Welche Auswirkungen wird das auf die österreichischen Standorte haben?

Wolf: Keine. Don Walker (der nunmehrige Chef von Magna, Anm.) hat sich dementsprechend auch bereits deutlich geäußert. Europa ist für beinahe die Hälfte des globalen Geschäfts und die Wachstumsstrategie in Richtung Osten verantwortlich. Daher wird der Standort künftig eher gestärkt als geschwächt werden.

Was sind Ihre Ziele bei Basic Element?

Wolf: Ich möchte meinen Beitrag leisten, dass das Unternehmen mit internationalen Kooperationen ausgestattet wird, um voranzukommen. Eine gute Basis ist ja vorhanden.

Heißt das, dass Sie etwa für Gaz – die ja einen technologischen Rückstand haben – einen westlichen Autokonzern als Partner suchen?

Wolf: Es gab solche Überlegungen immer schon. Russland braucht eine Modernisierung, und daher bin ich überzeugt, dass sich schon bald gute Kooperationen ergeben.


In Russland gibt es ja einen sehr starken Einfluss des Staates auf die Wirtschaft. Viele westliche Manager standen plötzlich vor Problemen, die sie so noch nicht gekannt hatten. Haben Sie Sorgen, dass Ihnen so etwas auch blüht?

Wolf: Wenn ich die Probleme noch nicht kenne, kann ich ja auch keine Sorge ihretwegen haben (lacht). Es ist bekannt, dass in Russland ein bisschen ein anderer Zugang zum politischen Einfluss auf die Wirtschaft herrscht. Wenn man sich aber ansieht, wie schnell sich Russland von der Krise erholt hat, muss man sagen: Es ist sogar gut, dass diese Zusammenarbeit so funktioniert.

Wie lange wollen Sie in Russland bleiben?

Wolf: Mein Lebensmittelpunkt wird Österreich bleiben. In Moskau ist man ja in knapp über zweieinhalb Stunden, nach Kanada bin ich bisher zehn Stunden geflogen. Und bei Basic Element werde ich bleiben, so lange es mir Spaß macht.

Zur Person

Siegfried Wolf (52) lernte 1993 als Qualitätsmanager bei Hirtenberger Frank Stronach kennen und wechselte zu Magna. Dort war der Steirer am Aufbau des Europa-Geschäfts beteiligt und zuletzt Chef von Magna International. Ab Mitte November arbeitet Wolf für Basic Element des Oligarchen Oleg Deripaska und ist dort für 200.000 Mitarbeiter verantwortlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28. September 2010)

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