Landtag als Casino: Landeshauptmann per Los?

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Die Frage, wer nächster steirischer Landeshauptmann wird, bleibt spannend. Eine Mandatsgleichstand im Landtag macht die Mehrheitsfindung schwierig. Schafft niemand eine Mehrheit, wird per Los entschieden.

Graz. Die Frage, wer nächster steirischer Landeshauptmann wird, bleibt spannend. Zumindest auf dem Papier. Denn für die Wahl ist eine Mehrheit im 56-köpfigen Landtag notwendig. Und die gibt es derzeit – zumindest im traditionellen Rechts-Links-Blocksystem-Denken – nicht. Vor Auszählen der Wahlkarten kommen ÖVP (22 Mandate) und FPÖ (6) gemeinsam ebenso auf 28 Stimmen wie die die Linksfraktionen SPÖ (23), Grüne (3) und KPÖ (2). Bleibt es dabei, könnte es bei der ersten Landtagssitzung am 21. Oktober damit zu einer kuriosen Entscheidungsfindung kommen: Schafft keiner der Kandidaten in zwei Wahlgängen eine Mehrheit, würde nämlich per Los entschieden.

In der Praxis dürfte es aber nicht so weit kommen. KPÖ-Chefin Claudia Klimt-Weithaler hat am Montag noch einmal ihre Ankündigung bekräftigt, ihre Fraktion werde weder Franz Voves (SPÖ) noch Hermann Schützenhöfer (ÖVP) wählen. In den vergangenen fünf Jahren habe es eine linke Mehrheit im Landtag gegeben, die von Voves nicht genutzt wurde, begründet sie ihre Absage an die SPÖ. Prinzipiell verhindern würde man ein Szenario Schwarz-Blau – „aber eine derartige Mehrheit gibt es nicht“.

SPÖ-FPÖ: „Wünsche viel Glück“

Durch diese Ansage der KPÖ (die im Landtag ohnehin immer gegen das Glücksspiel aufgetreten ist) und die ebenfalls zu erwartende Ablehnung der Grünen für beide Kandidaten ist bei der Landeshauptmannwahl die „Casino-Variante“ per Losentscheid de facto vom Tisch.

Weiterhin virulent ist dagegen die Frage, ob es zu einer Fortsetzung der Zusammenarbeit von SPÖ und ÖVP kommt. Die beiden würden als einzige über eine absolute Mehrheit im Landtag verfügen. In so einem Fall wäre wohl Franz Voves für weitere fünf Jahre Landeshauptmann. Der SPÖ aufdrängen werde er sich nicht, stellt VP-Obmann Hermann Schützenhöfer seine Startverhandlungsposition klar. „Wenn es die SPÖ mit der FPÖ versuchen will, wünsche ich viel Glück“, sagt er.

Ebenfalls möglich ist, dass sich eine der beiden Großparteien mit der ebenfalls wieder mit einem Sitz in der neunköpfigen Regierung vertretenen FPÖ einigen kann. Bei der SPÖ wäre Voves damit zwar wiederum Landeshauptmann; die SPÖ würde im Landtag aber nur über eine 29:27-Mehrheit verfügen. ÖVP-FPÖ kämen maximal auf 28 Stimmen, was für normale Beschlüsse mangels einer Mehrheit aber nicht reicht.

Nichtwähler als größte Gruppe

Die Wahlbeteiligung sackte am Sonntag vorerst auf 64,2 Prozent gegenüber 76,2 Prozent bei der Landtagswahl 2005 ab. Die 346.362 Nichtwähler sind somit die stärkste Gruppe unter der knapp einen Million wahlberechtigter Steirer. Zum Vergleich: Die SPÖ wurde von 235.311 Wählern angekreuzt.

Allerdings wird sich die Beteiligung noch erhöhen, weil die rund 63.000 Wahlkarten erst jetzt ausgezählt werden: die erste Tranche heute, Dienstag, ab 12 Uhr, die zweite am 4. Oktober. Das endgültige Endergebnis wird dann am 5. Oktober von der Landeswahlbehörde abgesegnet. Allerdings gilt es als fraglich, ob es noch zu einer Mandatsverschiebung kommt.

Mit 9298 Vorzugsstimmen hat Voves nach dem vorläufigen Endergebnis fast doppelt so viele wie sein ÖVP-Herausforderer Schützenhöfer (4682) erreicht. Der grüne Spitzenkandidat Werner Kogler schaffte 1881 Vorzugsstimmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2010)

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