Morgenglosse

Ein Bild der Respektlosigkeit

Die nachgelieferten Akten aus dem Finanzministerium
Die nachgelieferten Akten aus dem Finanzministerium(c) Thomas Jantzen
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Der Verfassungsgerichtshof musste den Bundespräsidenten um Hilfe bitten. Gernot Blümel sorgte damit für ein Novum in der Geschichte.

So weit hat es nicht einmal Jörg Haider kommen lassen: Als der Kärntner Landeshauptmann die Ortstafel-Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs nicht umsetzen wollte, lenkte er im letzten Moment, unter Androhung einer Exekution, doch noch ein. Gernot Blümel war es vorbehalten, einen Schritt weiter zu gehen: Erstmals in der Geschichte musste der Verfassungsgerichtshof den Bundespräsidenten auffordern, für die Exekution eines Erkenntnisses bei einem Regierungsmitglied zu sorgen.

Auf weitere Eskalationsstufen hat der Finanzminister verzichtet. Nein, der Bundespräsident musste nicht Polizei, Staatsanwaltschaft oder gar das Bundesheer aufbieten, um die verlangten Mails aus dem Ministerium an den Ibiza-Untersuchungsausschuss zu liefern. Blümel hat doch noch selbst geliefert - offensichtlich nach einem eindringlichen Gespräch mit Alexander Van der Bellen in der Präsidentschaftskanzlei.

Zurück bleibt das Bild eines Ministers, der den staatlichen Institutionen mit Respektlosigkeit begegnet: Man denke an die geradezu provokativen Erinnerungslücken bei seiner Aussage vor dem U-Ausschuss und nun das beharrliche Ignorieren einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs. In dieses Bild passen auch die Attacken, die die Volkspartei gegen die Justiz gestartet hat, als diese Ermittlungen gegen Blümel einleitete.

Ganz kampflos hat Blümel die Mails - unter anderem von Thomas Schmid, damals Generalsekretär im Finanzministerium - übrigens immer noch nicht hergegeben: Das Ministerium hat sie mit Geheimhaltungsstufe drei klassifiziert, was dem U-Ausschuss nur eine eingeschränkte Verwendung in geheimer Sitzung ermöglicht und die Veröffentlichung unter Strafe stellt.

Stufe drei ist vorgesehen bei „Bedrohung von Menschenleben oder schwerwiegender Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung“. Aber darum geht es wohl nicht, sondern es gilt zu verhindern, dass die Mails an die Medien weitergegeben werden und sich so - wie schon die Chatprotokolle - als ziemlich peinlich für den Minister und seine Partei erweisen.

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