EU-Regierungschefs

Kurz und Kocher bei EU-Sozialgipfel in Porto

Bundeskanzler Sebastian Kurz und Arbeitsminister Martin Kocher (beide ÖVP)
Bundeskanzler Sebastian Kurz und Arbeitsminister Martin Kocher (beide ÖVP)REUTERS
  • Drucken

Auf der Agenda stehen etwa die Coronakrise, der wirtschaftliche Wiederaufbau oder der „grüne Pass“. Im Vorfeld gab es Meinungsverschiedenheiten bei einer verbindlichen EU-Richtlinie zu Mindestlöhnen.

In der portugiesischen Küstenstadt Porto kommen die EU-Staats- und Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Sebastian Kurz und Arbeitsminister Martin Kocher (beide ÖVP), am Freitagnachmittag zu einem Sozialgipfel zusammen. Am Samstag beraten die EU-"Chefs" darüber hinaus über die Coronakrise und den wirtschaftlichen Wiederaufbau. Kurz will sich für den "grünen Pass" einsetzen. Ein virtueller EU-Indien-Gipfel rundet das Programm ab.

Es ist das erste physische Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in diesem Jahr und der erste EU-Sozialgipfel seit dreieinhalb Jahren. Von dem Treffen sind nur Absichtserklärungen zu erwarten. So soll ein Aktionsplan zur Europäischen Säule der Sozialen Rechte proklamiert werden. Zu den Zielen bis 2030 zählen eine EU-weite Beschäftigungsrate von mindestens 78 Prozent, ein Anteil von mindestens 60 Prozent Erwachsener mit Berufstraining und der EU-weite Armutsabbau um 15 Millionen gefährdete Personen.

Unterschiedliche Ansichten bei EU-Mindestlohn-Richtlinie

Eine verbindliche EU-Richtlinie zu Mindestlöhnen sehen Kurz und Kocher kritisch, Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sprach sich jedoch dafür aus. In einem offenen Brief mit grünen Ministern in Irland, Luxemburg, Finnland und Belgien unterstützte Mückstein die Forderung, dass alle Arbeitnehmer "über die EU-Mindestlohn-Richtlinie für ihre Arbeit angemessen entlohnt werden".

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen forderte vor dem Gipfeltreffen eine Stärkung der sozialen Dimension Europas. Es sei "an der Zeit, unser soziales Gefüge zu flicken", das durch die Coronakrise beschädigt worden sei, erklärte von der Leyen am Freitag auf Twitter. "Wir sind heute alle hier, um ein starkes soziales Europa aufzubauen." Es sei "Zeit zu liefern", so von der Leyen.

Unterdessen wurde bekannt, dass Polen und Ungarn in der geplanten Erklärung des EU-Sozialgipfels in Porto die Nutzung des Wortes "Geschlechtergleichheit" verhindert haben. Die nationalkonservativen Regierungen in Warschau und Budapest hätten sich dagegen gestemmt, dass die Formulierung "Raum für LGBT-Rechte schafft", sagte ein EU-Diplomat. Sie sähen "das Gefüge ihrer christlichen Gesellschaften" in Gefahr. Polen erklärte, es könne nur um die Gleichstellung von Männern und Frauen gehen. Ungarn äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht.

SPÖ spricht von „Farce"

Die SPÖ bezeichnete im Vorfeld die türkis-grünen Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf den EU-Sozialgipfel als "Farce auf dem Rücken europäischer Arbeitnehmerinnen". SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sprach in einer Aussendung am Freitag von einer "türkis-grüne(n) Kindergartenpartie, die sich Bundesregierung nennt". "Zuerst sperrt die ÖVP den grünen Sozialminister Mückstein vom EU-Sozialgipfel aus. Dann richtet dieser dem türkisen Kanzler von Wien nach Porto aus, dass Österreich eine zynische und arbeitnehmerfeindliche Position vertritt", kommentierte Deutsch die Vorgänge aus Sicht der größten Oppositionspartei.

Die Armutskonferenz forderte die Regierung auf, konkrete Umsetzungspläne für den sozialen Zusammenhalt zu unterstützen und ihre Blockade zu beenden. Entgegen der Verlautbarungen der Regierung würden die Mindestlohn-Vorschläge sehr wohl europaweite soziale Grundrechte mit den sozialpolitischen Besonderheiten der Nationalstaaten verbinden, teilte das Netzwerk von über 40 sozialen Organisationen in einer Aussendung mit. "Wir müssen von diffusen Erklärungen zu klaren Maßnahmen kommen, die soziale Rechte und den europäischen "Social Pillar" konkret umsetzen", so die Forderung der Armutskonferenz, die auch die Nicht-Teilnahme Mücksteins am EU-Sozialgipfel kritisierte.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.