Imposante Performance: Der I-Pace ging 2018 als Jaguars fast überraschender Elektropionier an den Start.
Fahrbericht

"I-Pace" - der englische Quotient

Grace, Space and Pace: Die Trinität von Jaguars Tugenden findet sich gerade im elektrischen I-Pace verblüffend stimmig umgesetzt.

Wien. Den I–Pace gibt es seit Kurzem auch mit auf 235 Kilowatt (320 statt 400 PS) reduzierter Spitzenleistung, vor allem aber mit einem günstigeren Einstiegspreis, der den Jaguar unter die BEV-Fördergrenze von 60.000 Euro drückt und ihn so etwas breiter ins Spiel bringt.

Ihr erstes Elektroauto ist der Marke, die ja schon bald nur mehr BEVs bauen will, quasi passiert. Der ehemalige BMW-Technikchef, Wolfgang Ziebart, war beim damaligen Jaguar Land Rover-Chef Ralf Späth (ebenfalls BMW-Urgestein) um das Jahr 2015 mit ausgereiften Plänen für ein Elektroauto vorstellig geworden; Späth, obwohl man in diese Richtung noch nichts konkret vorhatte, ließ sich überzeugen und gab nach zwei Tagen Bedenkzeit grünes Licht, worauf sich der Ingenieur mit einem handverlesenen Team wie ein Schweigemönch fernab des Tagesgeschehens zurückziehen durfte und den I-Pace im Rekordtempo verwirklichte. Design-Godfather Ian Callum schnitzte dazu eine ansehnliche, strömungsgünstige, raumoptimierte Cross-over-Karosserie, die Produktion lagerte man zu Magna Steyr nach Graz aus.

Übersehen

Auch im vierten Jahr auf dem Markt und im Lichte aktueller Neuerscheinungen (Porsche Taycan/Audi e-tron GT) verteidigt der I-Pace seinen Status als brillanter Wurf, der allenfalls – was den Verkaufserfolg angeht – an der doch beschränkten Kraft der englischen Marke laboriert. Denn Porsche, wo man sich auch über geteilte Produktions- und Entwicklungskosten freut, wie es nur ein Riesenkonzern bieten kann, wurde im Vorjahr aus dem Stand mehr Taycan los als Jaguar vom I-Pace – und reüssiert insbesondere in den USA, wo der Jag ziemlich übersehen wird.

Es hätte uns schon interessiert, wie sich die leistungsmäßig reduzierte Variante des I-Pace gibt, doch so nutzten wir eben the full monty des EV400, inzwischen bei Infotainment und Ladeleistung (AC mit Dreiphasen bis 11 kW, DC immer noch vergleichweise bescheidene 100 kW) nachgezogen, um unsere Eindrücke aufzufrischen.

Gezeichnet ist er zurückhaltender als der Porsche, was manchen recht sein wird; in der Raumausnutzung ist er diesem überlegen: Obwohl weniger lang, hat er mehr Radstand, sprich Platz zwischen den Achsen. Die zwei E-Motoren an Vorder- und Hinterachse sind von jenem Typ, wie sie bei Performance-BEVs bevorzugt werden (permanent erregt), die 90-kWh-Akkus gewähren eine vertretbare Autonomie im Bereich der 400 Kilometer, mit viel Autobahn weniger, sonst auch einiges darüber.

Während dies ein vortrefflicher Gleiter ist, kann man bei Gelegenheit auch den Racer raushängen lassen, dergestalt ist der schiere Schub und die Performance selbst im Winkelwerk. Tatsächlich ist der I-Pace in Alu-Bauweise (samt Fahrwerk des bekannt agilen F-Pace) um doch einige Kilogramm leichter als der Taycan.

Dass ihm der wiederum mit 800-Volt-System (statt 400) und dadurch massig Rekuperationsleistung (290 statt 150 kW) etwas voraushat, ist der früheren Geburt des Jag geschuldet – muss fürs Befinden an Bord aber noch keine große Rolle spielen. Unter den Premium-BEVs ist der I-Pace immer noch herausragend.

Jaguar i-Pace EV400

Maße L/B/H 4682/2011/1566 mm. Radstand 2990 mm. Leergewicht (EU) 2208 kg. Laderaum nutzbar 505-1163 l.
Antrieb 2x Permanent erregte Synchronmaschine, max. 147 kW (200 PS), gesamt 294 kW (400 PS). Drehmoment gesamt max. 696 Nm.
Li-Io-Akku, Kapazität 90 kWh.
Allradantrieb. Ein-Gang-Getriebe.
0-100 km/h in 4,8 sec. Vmax 200 km/h.
Testverbrauch ca. 24 kWh/100 km.
Preis ab 94.700 Euro.

Compliance-Hinweis: Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2021)

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