Belästigungsvorwürfe

Wolfgang Fellner gibt Moderation ab - und kommt damit Boykott zuvor

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Der Medienmanager gibt die Moderation auf oe24.TV vorübergehend ab und geht in Urlaub. Mehrere ehemalige Mitarbeiterinnen werfen ihm vor, sie sexuell belästigt zu haben.

Die Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen den Medienmanager WolfgangFellner waren zuletzt immer lauter geworden, nun gibt er die Moderation der auf oe24.TV ausgestrahlten Talk-Sendung "Fellner! Live" ab - vorübergehend und "auf eigenen Wunsch", wie Fellner, Herausgeber der Tageszeitung "Österreich“, am Freitag mitteilte. Er kommt damit einem drohenden Boykott aus der Politik zuvor: Hochrangige Politikerinnen aus vier Parlamentsparteien (alle außer die FPÖ) planten eine gemeinsame Erklärung, in der sie festhielten, ihm bis zur Ausräumung der Vorwürfe keine Interviews mehr geben zu wollen.

"Die Berichte von Raphaela Scharf und Katia Wagner über ihre Erfahrungen mit Wolfgang Fellner sind schockierend. Auch unabhängig von den einzelnen, konkreten Vorwürfen belegen bereits seine eigenen, öffentlich dokumentierten Aussagen unangemessenes Verhalten gegenüber Frauen", steht in der Erklärung, die unter anderem von SPÖ-Frauenchefin und Vizeklubchefin Gabriele Heinisch-Hosek, Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer und Neos-Vorsitzender Beate Meinl-Reisinger unterstützt wird. Sie bekennen Respekt vor den beiden Journalistinnen, die eine öffentliche Debatte über Machtmissbrauch und sexuelle Belästigung in der Medienbranche gestartet hätten.

Bis die von Fellner vehement bestrittenen Vorwürfe ausgeräumt sind, werden sie ihm nicht mehr für Interviews in seiner Sendung zur Verfügung stehen. Wie weit der Boykott innerhalb der Parteien reicht, war vorerst unklar. Grüne und Neos würden sich generell daran halten, war zu hören. Der Boykott betreffe jedoch ausschließlich Fellner und nicht andere Journalisten des Mediums, da "wir als Politikerinnen und Politiker die Kontrollfunktion von Medien in einer Demokratie nicht beeinträchtigen wollen", so die Erklärung. Auch die ÖVP bestätigte entsprechende Gespräche, Fellner ist einer finalen Entscheidung jedoch zuvorgekommen.

Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) erklärte, mit den beiden Journalistinnen bereits am Vortag telefoniert zu haben. Sie wolle jeder Frau, die sich gegen Übergriffe zur Wehr setze, Respekt aussprechen und auch weiter Initiativen setzen, um Frauen dabei den Rücken zu stärken. Stärken will die Ministerin auch die Gleichbehandlungsanwaltschaft durch die Einrichtung einer neuen anonymen Beratungsstelle.

Rechtliche Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht

Der Medienmanager geht außerdem in die Offensive: Man habe die Wirtschaftsprüfungskanzlei BDO AUSTRIA mit einer internen Untersuchung der Vorwürfe nach internationalen Compliance-Regeln beauftragt, ließ er wissen.

Fellner und die frühere oe24.TV-Moderatorin Raphaela Scharf liefern sich derzeit eine rechtliche Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht. Fellner habe Scharf rund um ein Fotoshooting sexuell belästigt, sie mit anzüglichen Kommentaren bedacht, bedrängt und eingeschüchtert, so die Vorwürfe. Scharf hatte nach ihrer Entlassung auf Wiederanstellung geklagt, Fellner reichte eine Unterlassungsklage gegen die heutige Krone-TV-Mitarbeiterin ein.

"Keine Angst mehr vor Wolfgang Fellner"

Zuletzt berichtete Katia Wagner, einst freie Mitarbeiterin Fellners und inzwischen ebenfalls für Krone-TV tätig, gegenüber der Wochenzeitung "Falter" und dem Nachrichtensender Puls24 von ähnlichen Erfahrungen mit Fellner. Sie habe nun "keine Angst mehr vor Wolfgang Fellner“, sagte Wagner auf Puls 24. Sie soll im Verfahren als Zeugin aussagen. Fellner selbst hatte die Vorwürfe vehement zurückgewiesen und sprach zuletzt auf seinem eigenen Nachrichtenportal von einer Intrige konkurrierender Medien.

Die nun angekündigte interne Untersuchung werde unabhängig von der laufenden Unterlassungs-Klage, die Fellner auf zivilrechtlichem Weg gegen die beiden Ex-oe24-Mitarbeiterinnen vor Gericht laufen hat, durchgeführt. Wie international üblich, werde die forensische Abteilung von BDO AUSTRIA alle Vorwürfe auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen und dann einen detaillierten Schlussbericht erstellen, teilte das Medienunternehmen am Freitag mit.

Niki Fellner und Isabelle Daniel übernehmen

Die Moderation der Talk-Show übernehmen bis zur Klärung der Anschuldigungen Fellners Sohn Niki Fellner und die Innenpolitik-Journalistin Isabelle Daniel. Der Medienmanager selbst sprach von einer "Pause", die er einlege.

"Unabhängig davon, dass bisher kein einziger Vorwurf von sexuellen Übergriffen vor Gericht belegt werden konnte, sondern im Gegenteil alle befragten Zeugen klar ausgesagt haben, dass sie keinen einzigen sexuellen Übergriff beobachtet haben, wähle ich den Weg einer freiwilligen Beurlaubung. Ich will damit jeden Schaden, der durch ungerechtfertigte Vorverurteilungen entstehen könnte, von meinem Unternehmen fernhalten", so Fellner.

(APA)

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