Machtkampf in Moskau: Medwedjew feuert Bürgermeister Luschkow

Moskaus Bürgermeister Juri Luschkow
Moskaus Bürgermeister Juri Luschkow(c) AP (Ivan Sekretarev)
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Politisches Erdbeben in Russland: Per Dekret beendet Präsident Medwedjew die Ära Luschkow in Moskau. Der mächtige Rathaus-Chef steht unter Korruptionsverdacht.

Politisches Erdbeben in Russland: Präsident Dmitrij Medwedjew hat am Dienstag den seit 18 Jahren mit harter Hand regierenden Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow per Dektret entlassen. Das meldete die Agentur Interfax nach Kremlangaben.

In dem laut Medwedjews Sprecherin "hart formulierten" Dekret wird die Entlassung des 74-Jährigen Bürgermeisters angeordnet, "weil er das Vertrauen des russischen Präsidenten verloren hat".

Medwedjews erster Machtbeweis

Der Schritt gilt als politisches Beben und erster echter Machtbeweis von Medwedjew, der sich derzeit zu einem Staatsbesuch in China aufhält.

Sein Widersacher Luschkow ist einer der mächtigsten Politiker des größten Landes der Erde. Der als selbstherrlich und autoritär geltende Rathauschef hatte einen freiwilligen Rücktritt bis zuletzt energisch abgelehnt.

Dem seit Wochen erwarteten Erlass des Präsidenten war eine beispiellose Kampagne in den Staatsmedien vorausgegangen. Sie hatten Luschkow Günstlingswirtschaft und Korruption vorgeworfen. Dabei geriet immer wieder auch Luschkows Ehefrau Jelena Baturina, der in Kitzbühel ein Fünf-Sterne-Hotel gehört, ins Blickfeld der Kritik. Mit ihrem Bauunternehmen Inteko wurde sie in der Amtszeit ihres Mannes mit einem Milliardenvermögen zur reichsten Frau Russlands.

Bürgermeister wird ernannt, nicht gewählt

Luschkow war noch unter Präsident Boris Jelzin ins Amt gekommen und gilt neben Staatsoberhaupt Medwedjew und Regierungschef Wladimir Putin als mächtigster Mann Russlands. Die Amtsgeschäfte von Luschkow, der im Rathaus von seiner Entlassung erfuhr, übernahm zunächst der erste stellvertretende Bürgermeister Wladimir Resin. Der Moskauer Bürgermeister wird seit der Präsidentschaft von Putin nicht mehr gewählt, sondern ernannt.

Kommentatoren hatten den Fall Luschkow als schwerste innenpolitische Krise Russlands seit zehn Jahren bezeichnet. In dieser Zeit hatte es immer wieder Gerüchte um eine Entlassung des umstrittenen Bürgermeisters gegeben. Außerdem sahen Experten den Kampf um das Bürgermeisteramt in der Machtzentrale Moskau als Kräftemessen der Lager um Medwedjew und Putin vor der Präsidentenwahl 2012. Luschkow gilt als Vertrauter Putins.

Kampf gegen "alte Schwergewichte"

Kommentatoren hatten Medwedjew in den vergangenen Tagen zögerliches Regieren vorgeworfen. Viele Beobachter meinten, Luschkow könne auch diese Krise aussitzen. Allerdings hatte Medwedjew zuletzt auch betont, "alte Schwergewichte" wie Luschkow dürften seinen Modernisierungskurs nicht bremsen.

Luschkow war erst am Sonntag aus seinem Urlaub samt Geburtstagsfeier im österreichischen Kitzbühel zurückgekehrt. Medien hatten spekuliert, dass der Bürgermeister in seinem Lieblingsort bereits seinen Lebensabend vorbereite. Eine Kreml-Sprecherin bestätigte diese Woche erstmals, dass Luschkow die Chance zum freiwilligen Abgang gegeben worden sei. Luschkow verzichtete.

(Ag.)

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