"Ein Skandal": Aufregung um die Festspiele in Reichenau

Festspiele Reichenau
Festspiele Reichenau Dimo Dimov
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Der Autor und Schauspieler Nicolaus Hagg nennt die Behandlung der Künstler einen „Skandal“. Der Freitag veröffentlichte Endbericht des Bundesrechungshofes übt neuerlich heftige Kritik an der Finanzgebarung des Festivals.

„Es ist ein Skandal wie die Künstler behandelt werden! Was passiert mit 60 Beschäftigten bei den Festspielen Reichenau?“ Heftige Kritik übte am Freitag im Gespräch mit der „Presse“ der Schauspieler und Autor Nicolaus Hagg. Er wirft dem Intendanten-Ehepaar Renate und Peter Loidolt „Verrat an den Künstlern, an der Region und am Publikum vor.“ Zum zweiten Mal werde das Festival abgesagt, diesmal sehr kurzfristig. Er empfehle, dem Ensemble, „40 Schauspieler“ (Hagg), „sich vor dem Arbeitsgericht zur Wehr zu setzen – gegen diese Behandlung“.

„Intendanten anderer Festivals essen lieber den Fensterkitt als ihr Festival zu stornieren. Es gibt sehr wohl Rettungsschirme, auch in Niederösterreich, sie wurden offenbar von den Festspielen in Reichenau nicht in Anspruch genommen, warum nicht?“, will Hagg wissen. Während bis vor wenigen Wochen versprochen worden war, dass die Festspiele Reichenau heuer stattfinden werden, „wurden die Schauspieler jetzt mit einem Email abgeschasselt. Das ist ungeheuerlich!“ Und Hagg zum Schluss: „Wo sind eigentlich die Förderungen für Reichenau vom letzten Jahr hingekommen?“

Der gebürtige Klagenfurter Nicolaus Hagg, engagiert an der Wiener Volksoper als Sänger und Schauspieler, bescherte den Festspielen Reichenau eine Reihe sehr erfolgreicher Uraufführungen bzw. Roman-Bearbeitungen, darunter Heimito von Doderers „Strudlhofstiege“, Tolstois „Anna Karenina“ und die Eigenkreation „Oberst Redl“. Hagg spielte auch oft in Reichenau.

Land NÖ fordert 462.000 Euro zurück

Der Bundesrechnungshof (RH) bekräftigte am Freitag seine Kritik an der Gebarung des Festivals: Er empfiehlt dem Land Niederösterreich von einer weiteren Förderung der Festspiele Reichenau Ges. m. b. H. abzusehen. Die Begründung des RH: Die festgestellten Abläufe und Vertragsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und zwei anderen Unternehmen seien „vergaberechtswidrig, intransparent und als unwirtschaftlich zu beurteilen.“

Eine Förderung von 462.000 Euro aus dem Jahr 2017 wäre, soweit rückwirkend wenn möglich zurückzufordern, fordert der RH. Das Land NÖ erklärte dazu, die rückwirkende Bereinigung sei bereits in die Wege geleitet. Weitere Rückforderungen von Subventionen würden geprüft.

Ehepaar Loidolt zieht sich zurück

Renate und Peter Loidolt hatten vergangene Woche verkündet, dass sie die heurigen Festspiele neuerlich absagen, weil sie nur die Hälfte der Karten verkaufen können aufgrund der Corona-Vorschriften. Bisher hatte das meistens auf Monate im Voraus ausverkaufte Festival über 80 Prozent seines Budgets selbst erwirtschaftet. Das Ehepaar Loidolt hatte ferner erklärt, es werde sich aus der Leitung der von ihm 1988 gegründeten Festspiele zurückziehen. Die Leitungsfunktion soll ausgeschrieben werden.

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Peter und Renate Loidolt, Gründer und Leiter der Festspiele Reichenau, ziehen sich nach über 30 Jahren zurück. Zuletzt gab es wenig zu Lachen. (Das Foto wurde bei der alljährlichen Programmpressekonferenz 2012 im Wiener Café Landtmann aufgenommen)
Analyse

Festspiele Reichenau: Abschied von einer Institution

Renate und Peter Loidolt hören als Intendanten auf - bei den Festspielen in Reichenau: Ein bitterer Moment, aber auch ein Anlass, sich schönen Erinnerungen zu widmen. Und auf eine gedeihliche Zukunft des viel geliebten Festivals zu hoffen.

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