Jus für Führungskräfte

Auf Augenhöhe mit Juristen

Bei vielen wirtschaftlichen Tätigkeiten spielen Rechtsfragen eine entscheidende Rolle.
Bei vielen wirtschaftlichen Tätigkeiten spielen Rechtsfragen eine entscheidende Rolle. Pexels
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Manager und Selbstständige sehen sich oft mit Rechtsfragen konfrontiert – juristisches Wissen ist gefragt.

Abteilungsleiter oder CEOs sehen sich immer öfter mit Rechtsfragen konfrontiert, die ohne Fachkenntnisse schwer zu durchschauen sind. Drei österreichische Universitäten bieten Ausbildungen an, die diese Lücke schließen. Gabriel Lentner, Lehrgangsleiter des Master of Legal Studies (MLS) der Donau-Uni Krems, beobachtet eine „stetige Verrechtlichung der Gesellschaft“, somit hätten grundlegende Rechtskenntnisse in der Berufswelt an Bedeutung gewonnen. Gerade für (zukünftige) Führungskräfte seien diese wichtig. Der seit 2006 bestehende MLS wird als „kleines Jusstudium“ bezeichnet, das sich nicht nur in der Dauer vom klassischen Rechtsstudium unterscheidet (vier Semester statt zehn), sondern auch in der Tiefe.

Juristische Sensibilisierung

Kerninhalte des Jusstudiums würden in seiner Breite abgedeckt, Ziel sei eine Sensibilisierung und ein Grundverständnis für das Recht: Welche Inhalte sind aus rechtlicher Sicht relevant, welche nicht? Auch Methodenkompetenz spiele eine Rolle, analytisches Denken werde geschult, sagt Lentner. „Ganz allgemein geht es darum, auf Augenhöhe mit Juristen Rechtsfragen zu erörtern und juristische Argumentationen nachzuvollziehen, selbstständig eine Erstanalyse einer juristischen Fragestellung vorzunehmen, also beurteilen, was zu beachten ist, was vielleicht noch zu klären“, fasst der Professor zusammen. Seine Studierenden bringen im Schnitt zehn Jahre Berufserfahrung mit.

Auch der MLS der WU Executive Academy zielt nicht darauf ab, Anwälte obsolet zu machen, sagt WU-Professor und OGH-Hofrat Georg Kodek. Im Gegenteil: Die Behauptung, dass seine Absolventen nie mehr juristische Beratung brauchten, wäre laut Kodek „unseriös“. Ziel des Studiums sei, besser zu erkennen, wann diese gebraucht wird sowie bessere Fragen zu stellen und die Antworten zu verstehen. „So werden auch in schwierigeren Fällen Reibungsverluste verhindert und manches können Absolventen auch selbst machen. Zielgruppe des 2012 ins Leben gerufenen Studiums seien bewusst etwa BWL-Absolventen, die bereits ein paar Jahre gearbeitet haben und dann erkennen, dass sie mehr Rechtskenntnisse benötigen.

Selektierte Teilnehmer

Voraussetzung für die Aufnahme sind ein Hochschulabschluss und mindestens drei Jahre Berufserfahrung. Bei einem Bewerbungsgespräch wird festgestellt, ob Interessenten von Persönlichkeit und Intellekt in die kleine Gruppe von 30 Studierenden passen. In Einzelfällen ist kein Studienabschluss nötig, etwa mit einer hochkarätigen Fortbildung oder Führungsposition. „Da muss man sich das Gesamtbild anschauen.“ Kleingruppen intensivieren den „lockeren Austausch“ zwischen Teilnehmern und Lehrenden, beschreibt Kodek. Der MLS zählt auch Mediziner, Pharmazeuten und Soziologen zu seinen Absolventen, die juristisches Wissen für ihre selbstständige Tätigkeit erlernen wollen.

Arbeitsrecht und Compliance

Ein „international ausgerichtetes betriebswirtschaftliches Studium mit starkem wirtschaftsrechtlichen Fokus“ bietet das MCI in Innsbruck an, sagt Studiengangsleiter Ralf Geymayer. Der Experte nennt Beispiele für die Bedeutung rechtlicher Kenntnisse im Geschäftsleben: „Innerbetrieblich etwa Arbeitsrecht, gegenüber Kunden und Mitbewerbern beispielsweise der Schutz von Immaterialgüterrechten, Daten- und Konsumentenschutz, E-Commerce, Wettbewerbsrecht und letztlich auch gegenüber Behörden Compliance, etwa Geldwäsche, Steuergesetzgebung.“

Zwar sei das Programm berufsfreundlich, jedoch steige der überwiegende Teil der Studierenden direkt vom Bachelor in den Master ein. Neben dem Studium arbeiten viele in Bereichen wie Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Controlling, aber auch Human Resources und Marketing, berichtet Geymayer. Praxisorientierung, Wirtschaftsnähe, projektbasierter Unterricht, Fallstudien, Unternehmenspartnerschaften und Double-Degree-Optionen runden das Angebot ab. Die Unterrichtssprache ist Englisch, was eine Karriere im Ausland erleichtere, so der Professor. Zwei Drittel der Studierenden sind weiblich (an der WU liegt die Frauenquote bei 45 Prozent), ein Drittel kommt aus dem nicht-deutschsprachigen Ausland.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2021)

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