MAN in Steyr: Wolf bessert Angebot nach

Im Bild: Abstimmung am 7. April.
Im Bild: Abstimmung am 7. April.(c) FOTOKERSCHI.AT/KERSCHBAUMMAYR (FOTOKERSCHI.AT/KERSCHBAUMMAYR)
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Investor Siegfried Wolf, gegen dessen Übernahme zwei Drittel der Belegschaft gestimmt hatten, will mit neuen Argumenten überzeugen.

1,5 Milliarden Euro könnte die Schließung des MAN-Werks in Steyr nach Schätzungen der Gewerkschaft kosten, sagt die Gewerkschaft. Der Investor Siegfried Wolf hat nun aber ein neues Angebot für das MAN-Werk in Steyr und will damit die Belegschaft überzeugen. Statt beim gescheiterten Angebot mit 1.250 sollen nun 1.400 Stellen erhalten bleiben, indem 150 Jobs über eine Arbeitsstiftung abgesichert werden.

Darauf hat sich Wolf laut Angaben in der "ZiB2" vom Freitag mit Stadt, Land und Bund geeinigt. Jene, die trotzdem vom Wegfall von 500 Jobs betroffen wären, sollen etwas besser aussteigen, als zuvor geplant. Sie sollen, wenn sie den Sozialplan annehmen, "nach dem deutschen Modell in der Nettoausgleichszahlung" gleichgestellt werden, so Wolf. Dank eines Altersteilzeitmodells müssten sich ältere Mitarbeiter nicht "beim Arbeitsamt anstellen". 166 Lehrstellen würden gesichert. Gehaltskürzungen, wie sie beim ersten gescheiterten Angebot vorgesehen waren, blieben freilich aufrecht.

Beteiligung von Raiffeisen Oberösterreich

Außerdem werde sich Raiffeisen Oberösterreich an dem Projekt beteiligen, sagte Wolf. "Wir würden nicht Nein zu MAN sagen, wenn ein Konsortium einen wirklich zukunftsweisenden Plan auf den Tisch legt", hatte der Chef der Raiffeisenlandesbank (RLB) Oberösterreich, Heinrich Schaller, im April bereits einmal im "Kurier" gesagt.

Er hoffe, dass nun "Vernunft einkehrt und ein gemeinsames Programm zusammengestellt" werde, so Wolf in Richtung Arbeiterbetriebsrat, über den er sich verärgert zeigte. Schließlich war sein erstes Angebot von der Belegschaft in einer Urabstimmung abgeschmettert worden. Nun hofft Wolf auf eine Dreiviertelmehrheit, sollte das neue Angebot zur Abstimmung gelangen.

Wolf sagte, Steyr dürfe nicht zum "Detroit Österreichs" werden. Dort verfiel die US-Autoindustrie.

Für seine Pläne müsse man die Produktionsstraßen umbauen. Dafür seien bis zu 18 Monate eingeplant. Wolf hofft, dass MAN in diesem Sinne einer Weiterführung des Werks für zwei Jahre zustimmt.

Wolf zeigte sich überzeugt, dass MAN - wenn es ein vom Betriebsrat unterstütztes Modell gebe, bereit sein werde, sich für Gespräche an einen Tisch zu setzen. Aus der MAN-Konzernzentrale in München hieß es erst am Freitag, derzeit werde nicht mit dem Ex-Magna-Chef verhandelt. MAN München hielt neuerlich fest, dass Wolf "als einziger Interessent ein industriell logisches und fundiertes Konzept für eine Nachnutzung des Standorts vorgelegt hat". Eine Nachbesserung gelte es jedoch mit den Arbeitnehmern zu besprechen.

Schließkosten von 1,5 Mrd.

Die Kalkulation der Schließkosten von 1,5 Mrd. Kosten setzt sich laut Alois Stöger, Leiter der Abteilung der Sozialpolitik der Produktionsgewerkschaft PRO-GE, aus den Lohnfortzahlungen, die aus dem Kündigungsverzicht resultieren, und der Investitionszusage von MAN für den Standort Steyr zusammen, wie er gegenüber der APA vorrechnete.

In der Standortsicherungsvereinbarung 2019 habe sich MAN verpflichtet, jährlich 4 Prozent des Umsatzes von Steyr in den Standort zu investieren, erklärte Stöger - das wären bei rund 1 Mrd. Umsatz jährlich 40 Mio. Euro, also bis Ende 2030 rund 400 Mio. Hinzu komme der Kündigungsverzicht, der nach Ansicht der Arbeitnehmervertretung eine Entgeltfortzahlung bis 2030 nach sich ziehen würde. Das wäre bei einer Lohnsumme von rund 170 Mio. Euro auf zehn Jahre gerechnet etwa 1 Mrd. Euro, schätzt Stöger.

MAN hat diese Vereinbarung zwar gekündigt, laut einem Rechtsgutachten im Auftrag der Gewerkschaft sei der Kündigungsverzicht aber weiterhin gültig. Stöger geht davon aus, dass die Chancen der Belegschaftsvertretung vor Gericht zu gewinnen, sehr gut seien. Dass MAN nicht die Gelegenheit nutze, vom OGH feststellen zu lassen, ob die Vereinbarung gültig sei, zeige, dass dem Konzern das Risiko offenbar zu hoch sei, so Stöger. Die Arbeitnehmerseite will vor Gericht ziehen, sobald betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden.

Stöger verwies u.a. auf einen Bericht des Schweizer Portals finanzen.ch. Demnach habe die MAN-Mutter Traton für den Stellenabbau bei MAN Truck & Bus von Jänner bis März 362 Mio. Euro an Sonderkosten veranschlagt. Für Steyr seien hingegen noch gar keine Kosten verbucht worden. Hier ging der Konzern ja bekanntlich immer davon aus, dass der Investor Siegfried Wolf das Werk kauft und weiterführt. Was Wolf gezahlt hätte - oder zahlen würde, wenn es doch noch zu einer Umsetzung seine Pläne kommen sollte - wird nicht kommuniziert.

Freitagnachmittag hatte sich auch das Green-Mobility-Konsortium rund um den Linzer Unternehmer Karl Egger (KeKelit) aus der Deckung gewagt. Dessen Sprecher Gerald Ganzger teilte mit, "dass das Konsortium mit MAN München eine NDA - Non-Disclosure Agreement, Vertraulichkeitserklärung - zur Aufnahme weiterer Gespräche abgeschlossen hat". Gemeinsam mit dem Consulter Deloitte Wien werde an der Endausarbeitung eines Konzepts gearbeitet. Es solle "nach Ablauf der Exklusivitätsfrist" nach München übermittelt werden. "Wir sind an den eingeleiteten konstruktiven, vertraulichen Gesprächen mit MAN sehr interessiert, um im Sinne der Belegschaft in Steyr und allen Stakeholdern ein besseres Ergebnis zu erzielen als bisher vorliegt", so Ganzger.

(APA)

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