Treffendere Geschenke

Prospekte mit Geschenkideen finde ich sogar als Tochter befremdlich. Das muss passender gehen. ✒

Und da sitze ich also an einem Wochenende daheim bei den Eltern. Vor mir die Prospekte, die zu Hause herumliegen. Ich blätter sie durch und sollte ich es noch nicht bemerkt haben: Es ist bald wieder Muttertag. Die bunten Zetteln sind voll mit Kaufempfehlungen. Das Übliche: blumig riechende Parfums, Pralinen in Herzform, minus 25 Prozent auf Unterwäsche, Blumen. Sogar mir als Tochter wird da schlecht.

Fällt einem zu dem Tag echt nichts Treffenderes ein? Nützlicheres? Immerhin ist die Situation vieler Mütter noch immer prekär – privat wie beruflich. Wie wäre es also, wenn man Müttern ein selbst verziertes Buch schenkt, in das sie die Aufgaben schreiben, die sie jeden Tag erledigen sollten, dann können sie die auch gleich am Anfang der Woche gerecht unter dem Rest der Familie verteilen. Oder man gibt ihnen einen Taschenrechner und rechnet ihnen vor, wie viel die Stunden an unbezahlter Arbeit, die sie leisten, wert sind und was passiert, wenn sie so bis zur Pension weitermachen. Eine Spielzeugwaage, auf der veranschaulicht wird, was sie verdienen und ihre Kollegen, bei gleicher Leistung, ist sicher auch interessant.

Man könnte ihnen freilich auch Gutscheine schenken, für „10x bösen Blick ersparen“, weil ihre Kinder wieder besonders laut sind, während der Rest der Welt still ist (Zug!). Freude bereitet sicher auch ein Zusatz zu den zehn Geboten: „Niemand kann neben der Arbeit auch noch Home-Schooling betreiben.“ Vermutlich würde sich auch jede über einen Massagesessel im Büro freuen, wenn wieder alles zu viel wird, oder über eine Powernap-Liege. Dann wäre der Muttertag endlich seinem Namen gerecht. Und nicht so viel wert wie Prospekte, die im Altpapier landen. ⫻

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2021)

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